Ville Rose
In Ville Rose, einem Ort auf Haiti, verschwindet die kleine Claire an ihrem siebten Geburtstag. Ihr Vater Nozias, der sich liebevoll um sie kümmert, ist in heller Aufregung. Endlich hat er die Tuchhändlerin ...
In Ville Rose, einem Ort auf Haiti, verschwindet die kleine Claire an ihrem siebten Geburtstag. Ihr Vater Nozias, der sich liebevoll um sie kümmert, ist in heller Aufregung. Endlich hat er die Tuchhändlerin Gaëlle überredet, die Kleine zu adoptieren. Er selbst schafft es kaum sein Kind, dessen Mutter bei der Geburt starb, zu versorgen. Als beinahe mittelloser Fischer möchte er, dass es sein Kind einmal besser hat. Bisher hat er sein bestes gegeben, ist liebevoll mit seiner Tochter umgegangen und mit regelmäßigen Besuchen am Grab der Mutter, hat er versucht, eine Art Erinnerung aufzubauen. Seiner Meinung nach reicht das nicht.
Die Geschichte von Ville Rose und der einiger Bewohner über etliche Jahre entfaltet sich in diesem Roman. Ausgehend vom Geburtstag und dem Verschwinden der kleinen Claire gewinnt man einen Einblick in das Beziehungsgeflecht zwischen den Einwohnern des pittoresken Örtchens am Meer. Es gibt wohlhabendere und ärmere Menschen, Glückliche und Unglückliche, Gesetzestreue und solche, die es damit nicht so genau nehmen. Und die fremden Weißen sind weit weg. Über verschlungene Pfade, auf deren Weg man sich gebannt der Erzählung hingibt, gelangt man schließlich wieder zum Tag des Verschwindens des kleinen Mädchens.
Welch ein schöner Roman, dessen Entdeckung man dem Zufall verdankt. Auf sehr vielschichtige Art und Weise sind die Schicksale der Dorfbewohner miteinander verwoben. Die teils dramatischen Geschichten von Liebe, Geburt und Tod, von Verbrechen und Leidenschaft greifen häufig überraschend ineinander. Dadurch gerät die Lektüre der berührenden Lebensgeschichten geradezu spannend. Es entfaltet sich ein Kaleidoskop von Menschlichem und allzu Menschlichem, das einen mitreißt in eine karibische Wirklichkeit, die nicht immer einfach ist, aber häufig auch von einer anrührenden Schönheit. Für diesen wunderbaren Roman, der unter dem Titel „Kein anderes Meer“ auch auf Deutsch erschienen ist, gibt eine Leseempfehlung.