Die ganzen Abgründe des menschlichen Wesens
... zumindest die negativen Aspekte davon bringt die britische Autorin Elanor Dymott in ihrem atmosphärischen Oxford-Roman zum Vorschein. Ein Akademikerkrimi aus dem elitären Leben der universitären Hochkultur ...
... zumindest die negativen Aspekte davon bringt die britische Autorin Elanor Dymott in ihrem atmosphärischen Oxford-Roman zum Vorschein. Ein Akademikerkrimi aus dem elitären Leben der universitären Hochkultur Englands? Nun, wenn es so ist, dann lernen wir hier, dass auch Akademiker - oder vielleicht gerade diese - richtige Schweine bzw. feiner ausgedrückt - Intriganten sein können. Also: Akademiker ja - auch wenn man sich hinterher betroffen fragt, was einen solchen ausmacht. Krimi dagegen - nur bedingt. Ich würde dieses Buch eher als Gesellschaftsroman mit Spannungselementen bezeichnen. Jede Menge Oxforder Lokalkolorit ist darin enthalten - wer also ausgiebig britische Collegeluft schnuppern will, für den ist dieses Buch ein gefundenes Fressen
Worum geht es: auf der Hochzeit seines besten Freundes trifft Alex Rachel wieder, die er vor Jahr und Tag - zu gemeinsamen College-Zeiten in Oxford - bereits liebte, aber nie so recht zu fassen bekam. Nun kommen sich die beiden rasch näher, heiraten bereits nach kurzer Zeit - wenige Monate später wird Rachel nach einem Diner bei ihrem ehemaligen Dozenten vom eigenen Mann ermordet auf dem College-Gelände aufgefunden - er bleibt verzweifelt zurück, bemüht, der Sache auf den Grund zu gehen. Ein Weg, bei dem sich Abgründe erschließen - sowohl in Bezug auf Rachel als auch auf das Drumherum.
Aber wer zu sehr auf Spannung setzt - wie ich zum Beispiel - der wird hier trotz einer außergewöhnlichen Geschichte mit facettenreichen, vielschichtigen Charakteren ein wenig enttäuscht und zwar aufgrund der Längen, der weitläufigen Mutmaßungen, des immer wiederkehrendenden Für und Wider, dem sich der Erzähler Alex in aller Ausführlichkeit hingibt und das mich ungeduldig werden ließ. Anstatt zu erfahren, wie es weiterging, musste ich seitenweise die hin- und herspringenden Gedanken des Erzählers über mich ergehen lassen, denen ich nicht immer logisch folgen konnte. Definitiv kein Buch für Pragmatiker, dieser britische Roman. Eher lässt es mich an alle Vorurteile denken, mit denen Naturwissenschaftler die Humanisten überhäufen - zu umständlich, zu weitläufig kommt dieses sicher sehr kluge und in einer schönen, teilweise gar ergreifenden Sprache gehaltene Werk daher. Dadurch geht aus meiner Sicht so einiges von der Spannung flöten. Weniger wäre hier auf jeden Fall mehr gewesen!