Genau das Richtige für einen verregneten Sonntagnachmittag
Sie können nicht ohne einander: Sobald sie voneinander getrennt sind, vermissen sie sich und hören in ihrem Inneren die Stimmen der anderen, die ihnen Ratschläge erteilen und sie vor Fehlern bewahren. ...
Sie können nicht ohne einander: Sobald sie voneinander getrennt sind, vermissen sie sich und hören in ihrem Inneren die Stimmen der anderen, die ihnen Ratschläge erteilen und sie vor Fehlern bewahren. Aber genauso wenig können sie miteinander: Sobald sie sich im selben Zimmer befinden, werden ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten spürbar und es kommt zu Streitereien. Cordy, Rose und Bean, die drei Shakespeare-Schwestern, könnten unterschiedlicher nicht sein, und doch halten sie zusammen, wenn es hart auf hart kommt.
Jede der Schwestern ist ausführlich und eindringlich beschrieben, obwohl sie sich mehr durch ihr Verhalten charakterisieren als durch die Darstellung der Autorin. Ich hatte sehr schnell meine Lieblingsfigur gefunden, doch auch Rose und Bean haben meine Sympathie gewonnen. Jede der drei Frauen hat ihre Ecken und Kanten, die sehr deutlich zum Tragen kommen – aber jede hat auch ihre liebenswerten Seiten. Und je weiter die Handlung voranschreitet, umso deutlicher wird, warum die Frauen so sind wie sie sind. Da verzeiht man als Leser schon mal Fehler oder nimmt ein ursprünglich verständnisloses Kopfschütteln zurück. Denn das Leben hat die drei Schwestern geprägt und ihre unterschiedlichen Charaktere geschaffen und geformt. Die unterschiedlichen Eigenschaften wurden von der Autorin sehr deutlich herausgearbeitet und es kommt im Verlauf des Buches des Öfteren zu Streitigkeiten und Meinungsverschiedenheiten.
Gemeinsam ist den drei Frauen aber ihre Leidenschaft zu Büchern, die in diesem Roman auch auf wundervolle Weise thematisiert wird. Lesemacken und Leserituale werden beschrieben, genauso wie Leseorte oder Leseerinnerungen. In ihrer größten Verzweiflung greift jedes Familienmitglied immer wieder zum Buch, um Zuflucht zu suchen und zu finden. Es sind sehr schöne Szenen, die wohl jedes Leserherz höher schlagen lassen und auch an so mancher Stelle für einen Schmunzler sorgen. So wird zum Beispiel geklärt, wie man es schafft, circa 100 Bücher im Jahr zu lesen oder ganz und gar ohne Fernseher auszukommen. :wink: Ein Teil der Handlung spielt übrigens in einer kleinen Bibliothek und die entsprechenden Szenen lesen sich auch sehr schön.
Nicht unwichtig für die Themen „Lesen“ und „Büchern“ sind dabei natürlich auch die Shakespeare-Zitate, die immer wieder auftauchen, wenn man mal nicht weiß, was man sagen soll. Dann greift vor allem der Vater der Schwestern immer wieder zu Aussagen des bärtigen Schriftstellers von der Insel, um dadurch Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen und sie schnell zu beenden. Er versteckt sich hinter Shakespeares Zitaten, um sich keine eigene Meinung bilden zu müssen. Ich muss zugeben, dass mich diese immer wiederkehrenden Zitate im Verlauf des Buches doch etwas gestört haben. Man weiß sehr oft auch einfach nicht, was der Vater ausdrücken will und daher stehen die Zitate etwas zusammenhanglos im Raum. Aber insgesamt sind sie doch ein interessantes Extra, das dem Buch das gewisse Etwas gibt und natürlich insgesamt auch einfach zum Titel und der Tatsache, dass die drei Schwestern nach Shakespeare-Figuren benannt sind, passt.
Es ist ein trauriger Anlass, der die drei Schwestern dazu bringt, nach Hause zurückzukehren. Sie sind alle in den Dreißigern, führen alle ein eigenständiges Leben, sind alle mehr oder weniger zufrieden damit. Doch als ihre Mutter schwer erkrankt, lassen sie alles stehen und liegen und reisen zurück in ihre Heimat, zu ihren Eltern, zu sich selbst. Jede der Schwestern trägt Probleme und Geheimnisse mit sich herum, die sie versucht, vor den anderen zu verbergen. Doch im Laufe des Buches werden die meisten davon aufgedeckt und rufen die unterschiedlichsten Reaktionen hervor. Die Handlung des Romans ist dadurch sehr abwechslungsreich und schafft es immer wieder, zu überraschen.
Das Buch ist fesselnd, ohne spannend im eigentlichen Sinne zu sein. Es sind einfach die Einzelschicksale, die es schaffen, zu begeistern, und für die man sich als Leser so schnell interessiert. Es passieren keine aufsehenerregenden Sachen, aber dennoch sind die Leben von Rose, Bean und Cordy sowie von ihren Eltern ständig in Bewegung und schaffen es mühelos, das Interesse des Lesers aufrechtzuerhalten.
Der Schreibstil der Autorin ist sehr warm, sehr gefühlvoll und sehr intelligent. Stellenweise muss man zwischen den Zeilen lesen, vor allem wenn es um die Shakespeare-Zitate geht. Und die besondere Erzählperpektive sorgt für ein zusätzliches Lesevergnügen. Der Leser wird dadurch ein Teil der Geschichte, man fühlt sich direkt angesprochen und in die Erinnerungen der Schwestern einbezogen. Diese Erzählperspektive ist mir bislang noch in keinem anderen Buch begegnet, aber ich würde mir mehr Bücher wünschen, die aus dieser Perspektive geschrieben sind.
Mein Fazit:
Eleanor Brown hat mit ihren „Shakespeare-Schwestern“ einen wundervollen Familienroman geschaffen, der sehr gut unterhält und genau das Richtige für einen verregneten Sonntagnachmittag ist.