Mein Bild ohne dich
„Was für ein kompliziertes, schaumiges Gemisch ein Paar doch ist. Eine Beziehung mag sich abnutzen und enden, um dennoch auf unsichtbare Weise weiterzuwirken, sie stirbt nicht, sie will einfach nicht sterben.“
Inhalt
Die ...
„Was für ein kompliziertes, schaumiges Gemisch ein Paar doch ist. Eine Beziehung mag sich abnutzen und enden, um dennoch auf unsichtbare Weise weiterzuwirken, sie stirbt nicht, sie will einfach nicht sterben.“
Inhalt
Die achtunddreißigjährige Turinerin Olga gerät in eine ganz klassische Trennungssituation, die für sie dennoch unheimlich plötzlich kommt. Ihr Mann hat eine andere, viel jüngere Frau und lässt sie mit den gemeinsamen Kindern und dem Hund sitzen. Eigentlich glaubte sie, eine glückliche Ehe zu führen und kann es nicht fassen, das Mario, ihr Geliebter nichts mehr von ihr wissen will. Ehrlich und schonungslos setzt sie sich mit der bitteren Wahrheit auseinander und versucht nebenbei ihren Alltag zu meistern. Doch schon bald muss sie feststellen, dass sie restlos überfordert ist, dass ihr ganzes Dasein auf die Existenz ihres Mannes gerichtet war und sein Part nun nicht mehr besetzt ist. Immer mehr verstrickt sie sich in Gedankenspielen und verliert die Realität zunehmend aus dem Auge. Der Umstand, dass ihr Mann, einen derartigen Vertrauensbruch begehen konnte, treibt sie an den Rand des Wahnsinns und sie versucht wie eine Ertrinkende den Fluten zu entkommen …
Meinung
Da ich bereits etliche Bücher der unter Pseudonym schreibenden Autorin Elena Ferrante gelesen habe, war ich mir durchaus bewusst, dass ich hier einen Roman mit einer eigenwilligen, interessanten, wenn auch nicht liebenswürdigen Protagonistin zu lesen bekommen würde. Allerdings war mir die hier vorliegende Charakterisierung dermaßen überspitzt und hochdramatisch umgesetzt, dass ich mich zunehmend über die Entwicklung der Erzählung geärgert habe.
Prinzipiell finde ich die intensive Auseinandersetzung mit der Trennungsthematik aus Sicht einer nichtsahnenden Frau sehr reizvoll, kann man doch ihr aufgezwungenes Leiden nachempfinden, ihr Unverständnis und größtenteils auch noch die Wut. Selbst Rachegedanken lassen sich implizieren und auch die Tatsache, dass diese Schmach von außen, zugefügt vom untreuen Gatten, das Selbstbild ins Wanken bringt.
Aber leider schmiedet die Autorin einen anderen, viel differenzierten Plot, der von obszöner Sprache und derben Gesten unterstrichen wird. Denn Olga leidet nicht nur, sie versinkt regelrecht in einem Sumpf am Rande des Wahnsinns, den sie mit Hysterie durchlebt und vollkommen hilflos sich selbst gegenüber erscheinen lässt. Diese Überspitzung der Ausgangssituation hat mich maßlos geärgert, denn einmal abgesehen davon, dass mir die emotionale Trauer gefehlt hat, weil Olga diese nicht zulässt oder im Kern erstickt, begibt sie sich auf einen Weg, auf dem ihr das Selbstbild wichtiger ist, als ihre Verantwortungsposition gegenüber den Kindern.
Gerade ihre Rolle als Mutter, ist für mich absolut abschreckend und überhaupt nicht mehr nachvollziehbar geschildert. Hinzu kommt ihr liebloser Versuch, alles beim Alten zu belassen und sich auf den Alltag zu konzentrieren, obwohl sie spürt, dass sie das allein nicht schaffen kann.
Fazit
Obwohl der Schreibstil intensiv und ansprechend wirkt, einmal abgesehen von derben sprachlichen Worten, konnte mich dieser Roman inhaltlich nicht überzeugen, deshalb vergebe ich hier wirklich nur 2 Lesesterne.
Viel zu lange verharrt er bei einer Frau, die das Bild von sich neu erschaffen muss und ihre bisherige Lebensweise elementar umstülpt, um wieder zu sich selbst zu finden. Dadurch, dass sie ihr direktes Umfeld so sträflich mit hineinzieht und es dennoch außen vorlässt, entsteht ein erschreckendes Porträt, bei dem ich mich tatsächlich emotional auf der Seite des Ehebrechers gesehen habe, denn wer so mit seinen Liebsten umgeht, verdient sie nicht wirklich.
Als Mutter finde ich ihre Handlungen einfach nur verantwortungslos – wenn sie sich den Strapazen nicht gewachsen sieht, müsste sie doch Hilfe holen. Gerade die Beziehung zwischen ihr und den Kindern wirkt mehr wie ein ungesundes Abhängigkeitsverhältnis, als eine Bindung aus Wärme und Zuneigung. Mir war das Gesamtkonzept zu hysterisch, zu skurril und viel zu unrealistisch, da hilft dann leider auch nicht die interessante Hintergrundgeschichte über die Verarbeitung eines persönlichen Verlusts.