Guter Roman, handwerkliche Schwächen
Zitat:
„Und wie ist das eigentlich, wenn wir schon sehr lange auf die Erfüllung eines Herzenswunsches gewartet haben? Können wir uns auf der Stelle so richtig freuen?“
So hat's mir gefallen:
Die Geschichte, ...
Zitat:
„Und wie ist das eigentlich, wenn wir schon sehr lange auf die Erfüllung eines Herzenswunsches gewartet haben? Können wir uns auf der Stelle so richtig freuen?“
So hat's mir gefallen:
Die Geschichte, die uns Ella Danz hier auftischt – vier Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, jedoch durch ihre Nachbarschaft und ihre individuellen Schicksale miteinander verbunden sind – ist durchaus sehr spannend und größtenteils auch gut gelungen. Jenny wünscht sich verzweifelt ein Kind, Vera kümmert sich aufopferungsvoll um ihren behinderten Mann, Tanja wuppt die Erziehung ihrer drei Kinder im Alleingang, und Frederike widmet sich voll und ganz ihrem kränklichen Sohn. Diese Figuren und ihre Lebensrealitäten bieten ein starkes Fundament für ein Buch, das von Liebe, Aufmerksamkeit, aber auch Verlust und der Suche nach Anschluss handelt.
Die abwechselnde Erzählweise aus der Sicht der vier Frauen fand ich sehr gelungen und authentisch. Doch hier steht sich die Autorin auch ein klein wenig selbst im Weg. Zu diesen Sichtweisen ergänzt sie eine übergeordnete Erzählperspektive, und bei einer Figur wird direkt aus der Sicht von Tagebucheinträgen erzählt. Das ist einzeln genommen nichts Schlechtes, nur in Kombination funktioniert das nicht wirklich. Das hat meinen Lesefluss des Öfteren enorm unterbrochen. Diese stilistische Uneinheitlichkeit vermittelt eher den Eindruck, als sei die Autorin selbst unsicher gewesen, welcher Erzählstil der Geschichte am besten gerecht wird.
Die Figurenzeichnung ist hingegen gut gelungen, wenngleich nicht durchgehend überzeugend. Während drei Figuren durchaus authentisch beschrieben sind, wirkt eine doch etwas konstruiert und weniger glaubwürdig als der Rest. Dieser Kontrast ist sichtbar, die Grundidee dahinter bleibt aber dennoch spannend.
Trotz der handwerklichen Schwächen bleibt „Nachbarinnen“ ein lesenswertes Buch, das durch seine Themen und die einfühlsame Betrachtung menschlicher Schicksale überzeugt. Es hat mich stellenweise zum Nachdenken angeregt und zeigt auf, dass hinter jeder Fassade eine individuelle Lebensgeschichte steckt. Für Fans zwischenmenschlicher Dramen und facettenreicher Figuren lohnt sich definitiv ein Blick – auch wenn handwerklich und im Bereich des Erzählstils noch Luft nach oben ist.
7/10