Kein klassischer Krimi, trotzdem sehr lesenswert
Vor 20 Jahren hat Polizeikommissar Joaquin schon bange Tage ausstehen müssen, als sein Bruder bei den Unruhen ins Visier der Militärdiktatur geriet. Jetzt herrscht wieder Unsicherheit im Land, erneut droht ...
Vor 20 Jahren hat Polizeikommissar Joaquin schon bange Tage ausstehen müssen, als sein Bruder bei den Unruhen ins Visier der Militärdiktatur geriet. Jetzt herrscht wieder Unsicherheit im Land, erneut droht ein Ende der Demokratie. In diesen schwierigen Zeiten soll Joaquin, eigentlich schon reif für die Rente, den Mord einer Frau klären. Naja, oder zumindest so tun als ob er ermittelt, denn auch seine Vorgesetzten schieben lieber eine ruhige Kugel als sich ins Rampenlicht zu bringen und vielleicht den Falschen auf die Füße zu treten. Als die Stimmung im Land endgültig überzukochen droht, überdenkt auch Joaquin die eine oder andere Entscheidung.
Der Klappentext hat eine etwas andere Handlung vermuten lassen, trotzdem hat mir die Geschichte ganz gut gefallen. Die Geschehnisse von 1981 und der Gegenwart in 2001 nehmen etwa gleich viel Raum ein, spielen aber gut zusammen, sodass der rote Faden erhalten bleibt. Joaquin ist ein interessanter Charakter, sein unterschiedliches Denken und Handeln gestern und heute wird wertungsfrei gegenüber gestellt. Er versucht immer unterm Radar zu fliegen und konzentriert sich v.a. darauf dem eigenen Wertekodex gerecht zu werden, ohne zu sehr aufzufallen. Ein verständliches Handeln, das einen nachdenklich werden lässt. Immer wieder treten die Ermittlungen hinter dem aktuellen Geschehen oder Joaquins Vergangenheit zurück, es handelt sich also nicht um einen klassischen Krimi im eigentlichen Sinne. Ich fand diesen Ausflug in die jüngere argentinische Geschichte trotzdem sehr lesenswert, denn die Autorin baut eine eindrückliche, dabei oft bedrückende Atmosphäre auf, die einen ebenso wie die fesselnde Handlung wirklich gefangen nimmt.