Convenience-Baukasten-System
Mein persönlicher Trend geht in exakt die andere Richtung, als dieses Buch. Ich möchte zurück zur guten, alten, relativ einfachen, ehrlichen Küche. Ernst Petry gibt mit seinem Buch all jenen ein tolles ...
Mein persönlicher Trend geht in exakt die andere Richtung, als dieses Buch. Ich möchte zurück zur guten, alten, relativ einfachen, ehrlichen Küche. Ernst Petry gibt mit seinem Buch all jenen ein tolles Werkzeug an die Hand, die noch weiter die gehobene Küche feiern und zelebrieren. Da dies immer mit extrem viel Aufwand verbunden ist, werden hier einige hochwertige Convenience-Produkte empfohlen und eingebaut. Das ist interessant, offen und ehrlich.
Die Rezepte sind dennoch in meinen Augen nichts für alle Tage, sondern eher für ganz besondere Anlässe. Man kann sich zwar ein wenig Arbeit ersparen, dennoch ist es am Ende ein aufwendiges, teures Essen in dezenter Portionsgröße. Wer großen Hunger hat und schön satt werden will, braucht dann mindestens drei Gänge. Die Kapitel sind Edle Kleinigkeiten; Frisch von der Weide; Lust auf Meehr; Für die Gemüseliebhaber; Desserts, die begeistern.
Die verwendeten bzw. benötigten Convenience-Produkte kann man dann auch direkt online bestellen. Die Quellen dazu sind angegeben. Schmeckt ein bisschen nach Werbung, mehr oder weniger gut versteckt. Einige dieser Produkte finde ich jetzt für die Arbeits- oder Zeitersparnis nicht wirklich tragend. Gewürzmischungen kann man im Übrigen auch selbst herstellen, in größeren Mengen für den späteren Gebrauch, oder eben auch aus anderen Quellen beziehen. Nicht nur das Rezept für Falafel und Hummus besteht quasi nur aus Convenience-Bausteinen, die man einfach nur zusammen anrichtet. So hatte ich mir das dann echt nicht gedacht und schon gar nicht gewünscht.
Schön ist, dass es zu jedem Rezept ein großformatiges Foto gibt. Weniger schön ist, dass man doppelt so viele Rezepte hätte unterbringen können, weil die Zutatenlisten und Zubereitungsschritte in so großer Schrift aufgeführt sind, dass ich meine Lesebrille verlegen kann und dennoch alles überdeutlich lesen kann. Allein schon der Titel nimmt bis zu acht Zentimeter einer Seite ein! Nachgemessen! Kein Wunder also, dass manche Beschreibungen zwei Seiten benötigen. Dann gibt es sogar zwei Fotos vom Gericht. Wow!
Es ist ein bisschen schade. Ich kann ja den Einsatz von Convenience-Produkten verstehen. Aber dann in anderen Dimensionen und nicht unbedingt jede Kleinigkeit. So ist das kein Kochen, sondern ein Baukastensystem. Ehrlichkeit ist toll. Warum dann also ein Buch so künstlich aufblähen? Das Buch findet dennoch einen festen Platz in meiner Kochbuchsammlung. Ab und an mal auftrumpfen mit Sterneküche? Tricksen lernen? Beeindrucken? Geht damit. Sollte aber nicht zur Regel werden. Daher leider nur drei Sterne.