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Inhalt:
Die unbenannte Ich-Erzählerin und ihre beiden besten Freundinnen Olga und Svenja wachsen gemeinsam zu jungen Frauen heran und kämpfen dabei nicht nur gegen die Unsichtbarkeit innerhalb der eigenen ...
Inhalt:
Die unbenannte Ich-Erzählerin und ihre beiden besten Freundinnen Olga und Svenja wachsen gemeinsam zu jungen Frauen heran und kämpfen dabei nicht nur gegen die Unsichtbarkeit innerhalb der eigenen Familie, sondern auch den jahrhundertealten Kampf gegen sexistische Windmühlen und eine Gesellschaft, in der Mädchen immer noch komplett anders erzogen und behandelt werden, als Jungs. In der ihnen von Anfang an gewisse Privilegien verwehrt bleiben und in der ihr Äusseres wichtiger ist, als alles, was sie charakterlich zu bieten haben.
Meine Meinung:
Ohne den Klappentext oder auch nur eine einzige Rezension komplett gelesen zu haben, habe ich mich in dieses Buch gestürzt und es heute im ÖV in einem Atemzug verschlungen. Ich will mehr, 160 Seiten sind viel zu kurz. Esther Beckers Debüt lässt tief in eine Welt von Sein und Schein blicken, eine Welt, in der sich immer noch die meisten Mädchen und Frauen wiederfinden, sobald sie ein wenig älter werden, ihre Körper sich zu verändern beginnen und ihr Äusseres nicht mehr mit den Abbildungen in Hochglanzmagazinen übereinstimmt. Es ist eine ganz eigene Wirklichkeit, in der gefühlt jede Person (Frau) über einen Scanner für ihre Umwelt verfügt und die Körper ihrer Mitmenschinnen mit einem Damoklesschwert in Kategorien einteilt und sich selbst gegenüber die kritischste von allen ist.
Ausserdem erzählt Becker von sich verschiebenden Familiengefüge, in denen Töchter plötzlich nicht mehr mit ihren Eltern sprechen können, sich verloren fühlen und dadurch auch wirklich nach und nach verlorengehen. Da wird Wodka geschmuggelt, heimlich gepierct und von der ersten Pille danach darf auch niemand etwas erfahren. In einer Welt, in der gefühlt alle Türen offenstehen, wird frau dann am Ende trotzdem wieder auf ihr Aussehen reduziert und steht alleine, verloren und sich hässlich fühlend vor einem Spiegel in einer Umkleidekabine, mit einem blutenden Schnitt an Fussgelenk, der vom verbotenen Rasieren im Schwimmbad stammt und einem mindestens so blutenden Herzen, das eigentlich nur nach Liebe lechzt.
Was machst du, wenn deine Kinder Frauen werden?
Wenn deine Kinder Töchter sind und Frauen werden, was machst du dann?
(S. 15)
Schreibstil:
Packend, prägnant und äusserst pointiert erzählt Becker vom Aufwachsen in einer Gesellschaft, in der Mädchen und Frauen nachts nicht mehr joggen gehen und sich manchmal nur mit abgebundenen Brüsten und als Jungs verkleidet unsichtbar und mächtig durch die Gegend bewegen können. Schmerzlich real und drastisch erscheinen die einzelnen Szenen in denen es Selbstbestimmung geht, um Stolz, Körperwahrnehmung und dem offenen Sexismus, dem die Protagonistinnen täglich begegnen. Diese steigen all den Erfahrungen aber nicht wie die Phönixe aus der Asche, sondern kriechen auf der Suche nach Anerkennung im Staub ihrer Geschlechterrolle durch dieses Buch.
Meine Empfehlung:
Lest dieses Buch unbedingt, es hat mich heute berührt und erschüttert und mit seinem eigenen überspitzten Humor unterhalten. Es hat mir Szenen gezeigt, die mir bekannter sind, als sie vielleicht sein sollten und frustrierende Gespräche abgebildet, die ich genau so mit mir und anderen geführt habe. Trotzdem und genau deswegen ist dieses Buch so lesenswert, weil es die Absurdität unserer festgefahrenen Situation aufzeigt und Fragen aufwirft, die zum Nachdenken und Verändern anregen.