Cover-Bild Ja, ja am Strande ...
14,95
inkl. MwSt
  • Verlag: Edition Braus
  • Genre: keine Angabe / keine Angabe
  • Seitenzahl: 128
  • Ersterscheinung: 19.06.2014
  • ISBN: 9783862280902
Evelin Förster, Enno Kaufhold

Ja, ja am Strande ...

Badekultur an der Ostsee von 1900 bis 1939
Von Warnemünde über den Darß und die Inseln Hiddensee, Rügen und Usedom gehört die Ostsee mit ihren bekannten Badeorten und den berühmten Kaiserbädern Bansin, Heringsdorf und Ahlbeck zum beliebtesten sommerlichen Erholungsgebiet, vor allem für die Berliner.
Ende des 19. Jahrhunderts war die Sommerfrische wohlhabenden Bürgern und Adligen vorbehalten, bevor sich in den folgenden Jahrzehnten der Kreis der Badegäste zunehmend erweiterte und die Badekultur veränderte. Während das Badeleben um 1900 vom gesellschaftlichen Repräsentieren geprägt war, entwickelte es sich nach dem Ersten Weltkrieg innerhalb weniger Jahre bis zu dem von Amüsement und Sport geprägten Badeleben, das wir heute kennen.
Das Buch vermittelt einen atmosphärischen Gesamteindruck der Badekultur an der Ostsee anhand von damals äußerst beliebten Ansichtskarten, Strandfotografien und zeitgenössischen Illustrationen, ergänzt durch authentische Texte aus Reiseführern, Benimm- und Anstandsbüchern und private Originaltexte damals verschickter Postkarten.

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Lesejury-Facts

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  • Viv29 hat dieses Buch gelesen.

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.07.2019

Rundum gelungen, ansprechend geschrieben und gestaltet

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Ich hatte angesichts des Titels und der Gestaltung des Titelbildes ein wenig Sorge, daß das Buch vielleicht albern oder betulich werden würde, aber diese Sorge war völlig unbegründet, ich angenehm überrascht. ...

Ich hatte angesichts des Titels und der Gestaltung des Titelbildes ein wenig Sorge, daß das Buch vielleicht albern oder betulich werden würde, aber diese Sorge war völlig unbegründet, ich angenehm überrascht.

In diesem innen ansprechend gestalteten Buch erhalten wir, wie es der Untertitel schon sagt, einen Überblick über "Badekultur an der Ostsee von 1900 bis 1939". Dies geschieht durch eine vielseitige Mischung. Ein gut geschriebener Text berichtet über die Entwicklung der einzelnen Seebäder und gibt auch allgemeingeschichtliche Hintergründe. Diese nehmen nicht überhand, sondern konzentrieren sich auf das Wesentliche. In der Einführung geht der Text bis ins Jahr 1793 zurrück, den "offiziellen" Anfängen der Badekultur an der Ostsee. Hier zeigt sich die gelungene Zusammenstellung verschiedener Informationsquellen, die den Leser das ganze Buch hindurch begleitet. Es gibt zahlreiches Bildmaterial - Zeichnungen, Fotografien, Postkarten, Werbeanzeigen. Im Text finden sich Zitate aus zeitgenössischen Texten, so in der Einführung ein Ausschnitt aus den 1893 erschienenen Erinnerungen eines Freiherrn, der illustriert, wie der Adel Heiligendamm für sich entdeckte und mondäne Ferien machte. Später lesen wir zB Tagebucheinträge von Viktor Klemperer, einen Ausschnitt aus Isherwoods "Goodbye to Berlin". In farbig unterlegten Boxen finden sich Ausschnitte aus Benimmbüchern, Modemagazinen, Gesetzen oder Liedtexten. Oft sind auch die Texte der abgebildeten Postkarten abgedruckt, so daß wir teils recht unterhaltsame Urlaubsgrüße lesen können. Diese Mischung macht das Lesen abwechslungsreich und bietet eine weitgefächerte Vielfalt an Informationen, die zu einem runden Gesamtbild führt. Gerade durch die Postkartengrüße und Tagebuchauszüge kommt eine persönliche Komponente hinzu.

Es ist interessant zu sehen, wie sich Postkartenfotografrie und Privatfotos entwickeln. Im Text erfahren wir einiges über fotografische Techniken und Kniffe, auch auf manch geschichtliche Entwicklung wird hingewiesen (zB der Frauenüberschuß auf Fotografien in den ersten Jahren nach dem Ersten Weltkrieg; die vermehrten sportlichen Übungen während der Nazidiktatur). Auszüge aus Reiseführern dokumentieren Aussehen und verschiedene Ausrichtung der einzelnen Badeorte (allerdings wiederholen sich diese Texte manchmal und waren nicht so interessant). Da gibt es die mondänen Orte, an denen das Promenieren in hochmodischer Kleidung der eigentliche Zweck war ebenso wie die verschlafeneren Orte, die sich ihren Dorfcharakter bewahrt haben und zwanglose Ruhe bieten. Viele gesellschaftlichen Themen werden angesprochen, so die "Ehemannszüge", die die hart arbeitenden Ehemänner an den Wochenenden wenigstens für zwei Tage zur urlaubenden Familie bringen. Erschreckend die schamlose Ausprägung des Antisemitimus auch zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Die sich allgemein ändernden Moralvorstellungen, die wachsende Demokratisierung auch der mondäneren Badeorte, die sich ändernden Reisemethoden - all das und noch mehr erfährt man durch das Buch.

Manche Bilder machen nachdenklich. So sieht man ein Bild vom Vorabend des Ersten Weltkrieges mit drei Brüdern - auf der Rückseite dieses Bildes, das als Postkarte verschickt wurde, ist ein fröhlicher Urlaubsgruß eines der Brüder vermerkt und man kann gar nicht anders, als sich zu fragen, wie sie die nur Wochen später ausbrechende Hölle ertragen, ob sie überlebt haben. Zum Ende des Buches ist eine Seite eines privaten Fotoalbums abgedruckt, die letzten Sätze des Albums und auch dieses Buches sind: "Abschied vom Frieden! 26.8.1939 in Warnemünde." Ein gelungener Abschluß für das Buch und ich kann nur noch einmal betonen, daß die kleinen persönlichen Einblicke in die sorglosen Urlaubstage uns eigentlich unbekannter Menschen eine willkommene und frische Perspektive in das Buch brachten.

So war ich beeindruckt und erfreut, auf welch angenehme Art ich auf 120 reich bebilderten Seiten viel gelernt habe. Ich hätte gerne noch weiter gelesen - das ist rundum gelungene Wissensvermittlung und Unterhaltung.