exotisch, eindrucksvoll, eigenständig
Eines der zahlreichen Kinder-, Jugend- und Erwachsenenbücher der Schweizer Autorin Federica de Cesco, mit dem typisch bildhaften Schreibstil: Die Augen des Schmetterlings.
Die junge Finnin Agneta ist ...
Eines der zahlreichen Kinder-, Jugend- und Erwachsenenbücher der Schweizer Autorin Federica de Cesco, mit dem typisch bildhaften Schreibstil: Die Augen des Schmetterlings.
Die junge Finnin Agneta ist nach dem abrupten Ende ihrer kurzen, aber durchaus erfolgreichen Karriere als international gefeiertes Model auf der Suche nach einer Aufgabe im Leben. Nach einem Abstecher bei einer bereits berühmten Modedesignerin, die zu Adnetas Vorbild wird, landet sie in einer Kunsthochschule in Japan. Sie freundet sich schnell mit der bildhübschen Lumina an, lernt deren Onkel Dan kennen und verliebt sich schon bald in den umschwärmten Schauspieler, der ihr beibringt, die Welt aus ganz anderen Augen zu sehen. Dann jedoch kommt sie einem dunklen Familiengeheimnis auf die Spur, dessen gegenwärtige Protagonistin Lumina ist. Nun erfährt sie geheimnisvolle Details aus der Jahrhunderte zurückreichenden Geschichte und sieht sich schon bald mit einer drastischen Forderung seitens Lumina konfrontiert.
Eine eigenständige, leidenschaftliche und kraftvolle Frauengeschichte
Die Vorgeschichte der Protagonistin, die so eigenständig und auf kraftvolle weise leidenschaftlich dargestellt wird, zieht sich schon über einen Viertel des ganzen Bandes, und auch den Beweggründen nach Tokio zu gehen wird mehr Beachtung geschenkt, als der eigentlichen Geschichte guttun würde. Als Agneta jedoch endlich in Tokio ankommt, steigt das Potenzial gleich um ein Vielfaches: Die Autorin hat ihre Hausaufgaben gemacht, man bekommt einen guten Einblick in die Kultur und Tradition Japans, was eigentlich das Interessanteste an diesem Buch ist, sowie die historisch genauen Details aus den teils dunklen Jahren in Japans Geschichte.
Leider sind genau diese Details manchmal ein wenig zu viel des Guten, wie heisst es so schön: „Weniger ist mehr“. Die Hintergründe werden ausführlich beschreiben, während die eigentliche Handlung eher im Hintergrund zu stehen scheint: der für die Autorin typische Stil, wie man nach einigen Werken feststellen kann. So werden jedoch vor allem Emotionen gut zur Geltung gebracht, was den Leser zum Beispiel gerade bei den Darstellungen des Zweiten Weltkrieges akribisch genau mitfühlen lässt oder die Atmosphäre der hektisch-quirligen Metropole mit der allgegenwärtigen Geräuschkulisse und den vielen Menschen einfängt.
Menschen, die schreckliche Dinge vergessen, verdrängen und unterdrücken
Die Romanze, die sich schon bald auftut, rückt weiter in den Hintergrund, sobald sich die Mystery-Geschichte entfaltet, die schon Generationen zurückreicht und in der sich die Historie und Mythologie Japans und der finnischen Samen begegnen und vermischen. So geht es um Menschen, die schreckliche Dinge vergessen, verdrängen und unterdrücken; schlecht handeln, ohne es zu wissen oder zu wollen. Oft weiss man nicht, was wirklich übernatürliche Elemente im realen Leben sind, und was nur in den Gehirnen der Figuren vor sich geht und darum scheinbar wirklich wird.
Leider schien sich Federica de Cesco ganz und gar nicht entscheiden zu können, ob sie denn nun über Agneta und ihr Leben, welches oft viel zu sehr ins Melodramatische abschweift, oder über Dan und dessen Familiengeschichte schreiben sollte. Mitten im Buch wird man zurückgeworfen in eine unruhige Zeit Japans, während die eigentliche Protagonistin ewig lange nichts mehr zu vermelden hat. Es scheint, als hätte die Autorin zwei Geschichten im Kopf gehabt, die sie unbedingt miteinander hatte verbinden wollen – was zu einer eigenartigen Verknüpfung geführt hat.
Für Japan-Fans, Kunst-Freaks und Kitsch-Liebhaber
Dieses Buch eignet sich wohl für Leute, die ein überzeugendes Mittelmass zwischen „zu nervenzerreissend spannend“ und „zu kitschig“ suchen; Menschen, die sich für die teilweise weit zurückreichende Kultur Japans begeistern; und schöpferisch Interessierte, welche sowohl die Kunst als auch die Verbindung verschiedener Menschen fasziniert.
„Ich sehe nichts.“ – „Deswegen, weil du nicht richtig hinsiehst.“