Trau, schau, wem
Das nächtliche Badevergnügen eines Studentenpärchens in der Lahn findet ein jähes Ende, als die junge Frau im Wasser Kontakt mit der Hand einer Leiche hat. Die Tote ist keine geringere als Yalda Wegener, ...
Das nächtliche Badevergnügen eines Studentenpärchens in der Lahn findet ein jähes Ende, als die junge Frau im Wasser Kontakt mit der Hand einer Leiche hat. Die Tote ist keine geringere als Yalda Wegener, die in der Impfstoffentwicklung einen immensen Erfolg für sich verbuchen kann und mit ihren Forschungsergebnissen kurz vor dem Durchbruch steht. Doch wer hat einen Grund, die junge Frau mit einem Degen zu durchbohren und ihr so das Lebenslicht auszupusten ? Sind es die auf Krawall gebürsteten rechten Burschenschaften oder handelt es sich doch um Industriespionage ? Kommissar Momberger bekommt zur Lösung des Falles einen Kollegen aus Frankfurt an die Seite gestellt und beide Ermittler müssen tief graben....
Wo, was ein Brett, das Felix Scholz hier seinen Leser;innen präsentiert. Aktueller denn je, lässt er seine zwar stereotypen Ermittler in Marburgs verwinkelten Gässchen nach Spuren suchen, aber genau eben jene abgehalfterten Typen passen wie die Faust aufs Auge.
Zassenberg ist der Zynismus in Personalunion und bringt mitunter Leser;innen und Kolleg:innen auf die Palme. Aber er ist so genial in dem was er tut, dass ich nicht anders kann, als meinen Hut vor ihm zu ziehen. Mommberger braucht dagegen etwas länger, um auf den fahrenden Zug aufzuspringen. Aber hat er erstmal so richtig Fahrt aufgenommen, gibt es auch für ihn kein Halten mehr.
Der Autor lässt nicht nur die Schönheiten Marburg mit den verwinkelten Gässchen und Fachwerkidyll aus den Seiten steigen, sondern auch die aktuellen Themen aus der Coronapandemie wie Impfstoffentwicklung und Forschung eines bekannten Marburger Unternehmens mit einfließen. Ebenfalls nutzt er die ortsansässigen Burschenschaften mit ihrem rechten Gedankengut, um den Lokalkolorit voranzutreiben und seinen Krimi damit einzufärben.
Ermittler Mommerger bemüht sich, die gendergerechte Sprache in seinen Alltag zu integrieren, aber bei Zassenberg stößt er dabei auf taube Ohren. Die Schlagabtausche, die sich beide liefern, sind amüsant zu lesen und sind das Salz in der Suppe :)
Der Fall ist unglaublich spannend, mit frischen Ideen ausgearbeitet und wirkt mit dem Bezug zum aktuellen Tagesgeschehen sehr echt und authentisch. Es erscheint wie ein Blick hinter die dicken Türen eines Pharmakonzerns, den die Leser:innen hier mal mehr, mal weniger freiwlilig erhaschen können. Die Ermittlungen sind abwechslungsreich und mit vielen Überraschungen versehen und es stellt sich mehr als einmal die Frage, wem man überhaupt noch trauen darf.
Zassenberg lädt zum Ende hin zum großen Schaulaufen der Eitelkeiten aufs Präsidium und enttarnt ganz viele Lügen, die nicht nur den Täter überführen, sondern auch bei vielen anderen die Masken fallen lassen.
Felix Scholz darf gerne dieses ungleichen Ermittlerduo erneut in die Marburger Oberstadt schicken, um dem Bösen den Garaus zu machen. Absolute Leseempfehlung !