Cover-Bild Kalte Füße
Band der Reihe "Allgemeines Programm - Sachbuch"
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24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Wagenbach, K
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: allgemein und literarisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 288
  • Ersterscheinung: 17.09.2024
  • ISBN: 9783803133670
Francesca Melandri

Kalte Füße

Esther Hansen (Übersetzer)

Ein Militärlazarett in Venedig. Desinfektionsmittel, Fieberschweiß, der unerträgliche Gestank von Wundbrand. Der Sohn liegt im hintersten Bett, er schläft. Die Mutter hebt die Decke am unteren Ende an. Zwei Beine, zwei Füße. Eins, zwei, drei, sie zählt die Zehen – bis zum zehnten. Vorsichtig legt sie die Decke zurück: Endlich kann sie in Ohnmacht fallen.
Im Winter 1942/43 flohen italienische Soldaten in Schuhen mit Pappsohlen vor der Roten Armee, Zehntausende erfroren. Der »Rückzug aus Russland« hat sich als Trauma im kollektiven Gedächtnis Italiens eingebrannt – auch in der Familie von Francesca Melandri. Ihr Vater hat ihn überlebt.
Doch erst als Anfang 2022 Bilder und Orte des Kriegs in der Ukraine omnipräsent sind, wird ihr klar: Es ist vor allem die Ukraine, in der der Vater gewesen ist. Was hat er dort wirklich erlebt, warum war er überhaupt dort?
Francesca Melandris »Kalte Füße« ist ein berührendes Zwiegespräch mit einem geliebten Menschen: ein unerschrockenes Buch über das, was der Krieg gestern wie heute in Körpern und Köpfen anrichtet, über das Erzählen als Überlebenskunst – und unsere historische Pflicht angesichts des Angriffs auf die Ukraine, die Stille zum Sprechen zu bringen.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.11.2024

Empathisch und klug

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In „Kalte Füße“ schreibt Francesca Melandri einen emotionalen Brief an ihren verstorbenen Vater, um den wahren Kern seiner Kriegserzählungen aufzudecken. Ihr Vater, Franco Melandri, kämpfte im Zweiten ...

In „Kalte Füße“ schreibt Francesca Melandri einen emotionalen Brief an ihren verstorbenen Vater, um den wahren Kern seiner Kriegserzählungen aufzudecken. Ihr Vater, Franco Melandri, kämpfte im Zweiten Weltkrieg gegen Russland, gehörte also als Teil der faschistischen Armee Mussolinis zu den Besatzern.
Auslöser für diese Auseinandersetzung war der Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022. Erst durch die Nennung von Orten bzw. Kriegsschauplätzen in der Berichterstattung wird ihr klar, dass ihr Vater als italienischer Gebirgsjäger im Zweiten Weltkrieg in der Ukraine, nicht in Russland, war.
Unter dem Eindruck der aktuellen Situation, erinnert sie sich an die Erzählungen über die Kriegserlebnisse des Vaters in ihrer Kindheit, liest nochmals seine Bücher, in denen er über seine Kriegserfahrungen berichtet und versucht, zu ergründen, was er dort wirklich getan bzw. möglicherweise sogar verbrochen hat.
Francesca Melandri hat ein zu Herzen gehendes Vater-Tochter Buch geschrieben, was mich sehr berührt hat. Eine ganz andere Herangehensweise an das Thema Krieg als man es sonst kennt. Empathisch und klug analysiert sie glasklar und mutig, welche Verantwortung gegenüber einem bedrängten Land wir tragen. Sie empört sich zwar vor allem darüber, dass die italienische Politik und auch die Zivilgesellschaft so wenig Solidarität mit der Ukraine zeigen, aber vieles trifft natürlich auch auf Deutschland und auch andere Länder zu. Ein absolut lesenswertes Buch, das viel Stoff zum Nachdenken liefert.

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