Ein ausführlicher Überblick über den Aufstieg und Fall verschiedener Diktatoren
Ich habe mich immer gefragt, wie ich gehandelt hätte, hätte ich in Hitler-Deutschland gelebt. Hätte ich überhaupt verstanden, was passiert? Hätte ich begeistert mitgemacht?
Vom Titel “Diktator werden: ...
Ich habe mich immer gefragt, wie ich gehandelt hätte, hätte ich in Hitler-Deutschland gelebt. Hätte ich überhaupt verstanden, was passiert? Hätte ich begeistert mitgemacht?
Vom Titel “Diktator werden: Populismus, Personenkult und die Wege zur Macht” habe ich erwartet, zu erfahren, welche psychologischen Mechanismen hinter den Strategien wirken.
Der Autor beschreibt den Werdegang von Mussolini, Hitler, Stalin, Mao, Kim Il-sung, Ceausescu, Mengistu (Äthiopien) und Duvalier (Haiti).
»Als Führer braucht man eine Doktrin. Ohne Doktrin kann man Menschen nicht leiten.« - Duvalier
Die Kapitel über Hitler und Stalin fand ich wenig ergiebig, da mir vieles schon bekannt war.
Besonders interessant fand ich jedoch das Kapitel über Mao, in dem beschrieben wird, dass es damals bereits ein soziales Bewertungssystem gab, nach dem Vergünstigungen zugeteilt wurden.
Der Personenkult und die Propaganda mancher ging soweit, dass es durch die Produktion des Kleinen Roten Buches, von Standbildern und Ansteckern zu Engpässen bei Plastik und Aluminium kam und Plastikschuhe und Kochtöpfe rar wurden.
Das Buch ist sehr sachlich geschrieben und mit vielen Zahlen gespickt. Die Lektüre war daher etwas mühsam.
Dikötter verweist im Klappentext auf die Gegenwart und Politiker unserer Zeit. Daher hätte ich eine Zusammenfassung der Mechanismen und Maßnahmen wünschenswert gefunden. Auch weil für mich noch viele Fragen offen geblieben sind:
War die Bevölkerung vom Personenkult so beeindruckbar, da sie an einen Kaiser, an einen König gewöhnt waren? War ihnen die Demokratie noch zu ungewohnt?
Was hat sie für die Propaganda empfänglich gemacht?
Wie kam es, dass Polizisten Menschen für lächerlich geringe Vergehen verhafteten und das nicht in Frage stellten?
Wie konnten die Diktatoren einen gottgleichen Status erhalten? Lag das an einer abergläubischen, wenig gebildete Bevölkerung?
Wieso war es nicht verdächtig, die Führer nicht infrage stellen zu dürfen?
Aus dem Buch nehme ich mit, dass Angst ein wichtiger Mechanismus war sowie die Kontrolle über die Presse und die Polizei entscheidend waren.
Fazit
Eine detaillierte Zusammenfassung über die Herrschaft verschiedener Diktatoren.
Der Anhang mit Fußnoten und Register macht etwa ein Drittel des Buches aus.
Ich hätte mir darüber hinaus eine detailliertere Gliederung sowie eine Analyse und Auflistung der Strategien, der Stimmung und Vorbildung der Bevölkerung gewünscht.
Wer mehr über das Leben unter Stalin erfahren möchten, dem empfehle ich den biografischen Roman “Metropol” von Eugen Ruge. Der Autor schreibt über Mitläufer, Enttäuschte und Profiteure.