Dresden, Februar 1947. Es ist eiskalt, vieles ist zerbombt, es fehlt an fast allem, zwischen den sowjetischen Besatzern und der deutschen Bevölkerung herrscht meist Misstrauen. Oberkommissar Max Heller kommt zum Fundort einer Leiche, doch da es sich um einen toten Russen handelt, noch dazu um einen Offizier, sind er und sein Mitarbeiter, Kommissar Werner Oldenbusch, schnell außen vor. Ein Mädchen will sich mit einem Rucksack vom Fundort entfernen, doch die Polizisten können nur den Rucksack sicherstellen: er enthält einen abgetrennten Kopf. Als wäre das noch nicht genug in einer Zeit, in der Menschen bereits ausreichend zu Gewalt neigen wegen des Hungers, wird Heller von seinem Kontakt bei der Stadtkommandatur der Sowjetischen Militäradministration, der SMAD, Generalleutnant Medvedev, beauftragt, inoffiziell zu ermitteln. Ein Ritt auf der Rasierklinge zwischen Ewiggestrigen, Verzweifelten, Gewinnlern und der harten Hand der sowjetischen Militärs. Dann mischt sich auch noch sein Kontakt vom Geheimdienst ein, Ovtscharov.
Die Geschichte wird aus der Sicht Hellers erzählt. Der Polizist ist ein Getriebener, interessiert an der Aufklärung der Taten, stur bis zur Selbstverleugnung. In der SED will man ihn sehen, höhere Essenszuteilungen würde das bewirken. „Und dass ihn alle so bedrängten wegen des Parteieintritts. Sie mussten doch wissen, dass das reine Heuchelei war. Wollten sie denn das, eine Gefolgschaft von Heuchlern? Hatten die Menschen denn nichts gelernt aus den zwölf Jahren Naziherrschaft?“ S. 78 Ein Problem, das er auch schon bezüglich der NSDAP hatte, im Vorgänger „Der Angstmann“ (es gibt nur die zwei Max-Heller-Bände). Ich hatte diesen als Hörbuch genossen, man sollte jedoch „Tausend Teufel“ auch ohne den Vorgänger lesen oder hören können (hören sollte kein Problem sein, ich wollte jedoch lieber in der Lage sein, die Strecken in Dresden auf einer Karte nachverfolgen zu können).
Wieder schafft es Autor Frank Goldammer die Atmosphäre glaubwürdig einzufangen (beim Band 1 war mir kalt mit Heller, jetzt hatte ich irgendwie Hunger). Wieder wird klar, dass letztlich viele den Krieg gezeichnet überstanden haben: „Es gab für alles einen Preis. In den Augen seines Sohnes hatte er gesehen, dass dieser ihn schon bezahlt hatte.“ S. 143 Doch wieder gibt die, die es schaffen, ihre Posten zu behalten, die sie schon unter den Nazis hatten. Der Roman ist spannend, es folgen weitere Tote, doch am meisten bedrückt hat mich die Situation der Menschen, besonders der sogenannten Wolfskinder, die allein, elternlos und auf sich allein gestellt versuchen, sich irgendwie durchzuschlagen, die teils nicht einmal mehr ihre Namen wissen. Ihrer Situation setzt dieses Buch ein Denkmal, ohne dabei die fesselnde Handlung jemals aus den Augen zu verlieren, denn bald hat man in ihren Reihen Verdächtige.
Während ich „Der Angstmann“ eher als Thriller empfand mit doch recht blutrünstigen Taten und einer gewissen Folterkomponente (eine Bekannte brach nach wenigen Minuten ab und nannte es krank, so etwas zu lesen), ist „Tausend Teufel“ eher ein klassischer „Whodunnit“, ja, auch mit Toten, aber weniger dieser Folterkomponente (nein, ganz gewaltlos ist es nicht). Ich kann beide Teile empfehlen, gerade wegen ihrer Schilderungen Dresdens kurz vor und nach 1945 und wegen eines glaubwürdig in diesen Kontext eingebetteten Motivs. Vom Tatverlauf fand ich diesen zweiten Teil glaubwürdiger als den ersten, die Auflösung hier fand ich jedoch nicht ganz befriedigend. Für mich war es aufgewogen dadurch, wie sich Karin Heller hier mit einbrachte.
Wieder 5 Sterne.
Ich könnte mir das gut verfilmt vorstellen. Und ein Folgeband könnte vielleicht mal im Sommer angesiedelt sein – oder in fernerer Zukunft mit Bald-Polizist Klaus…