Trotz Science.Fiction fühlt es sich überraschend realistisch an
Wer wünscht sich denn nicht öfters beamen zu können? Besonders wenn man schweißgebadet den Bahnsteig hochstürmt und die Bahn trotzdem nur noch nachwinken kann. Man könnte in null komma nichts ein fernes ...
Wer wünscht sich denn nicht öfters beamen zu können? Besonders wenn man schweißgebadet den Bahnsteig hochstürmt und die Bahn trotzdem nur noch nachwinken kann. Man könnte in null komma nichts ein fernes Land besuchen. Das wäre doch toll, nicht?
Essen in China, arbeiten in Brasilien und abends zu Hause in Deutschland das Kind ins Bett bringen. Dies ist in diesem Roman zur absoluten Normalität geworden. Die so genannten Tore stehen alle zwei Meter rum und stehen der Bevölkerung kostenfrei zur Verfügung. Doch nicht nur Menschen werden gebeamt. Praktisch alles wir über die Tore, direkt zum Haushalt befördert: Wasser, Nahrung, Strom. Straßen und alte Leitungen verkümmern, denn sie werden nicht mehr gebraucht. Autos und Telefone wurden ebenfalls massenhaft geschrottet, denn auch ihren Nutzen ersetzten die Tore.
Doch dann geschieht das Unfassbare: Das sonst so zuverlässige System hat einen Totalausfall. Alles futsch, nichts geht mehr. Kein Strom, kein Essen, kein Wasser, keine Müllbeseitigung und keine Möglichkeit mit anderen zu kommunizieren. Menschen hängen irgendwo in der Weltgeschichte fest, oder schlimmer noch, auf dem Mond, wo man alle schädlichen Fabriken und allgemein, was man nicht auf der Erde haben will, hinverfrachtet hat (oh und nach Kanada, und ich dachte immer nur die Amis hätten was gegen Kanada)
Das Buch beginnt jedoch etwas früher. Man erhält einen Einblick in den Alltag der drei Hauptprotaginisten und erfährt, wie sie zueinander stehen. Wir hätten da Celie, die Tochter der Torerfinderin, die selbst aber in einer Anti-Tore Gemeinschaft lebt, Bernie, den Technikfreak, der unbedingt Tortechniker werden will und für den zwischenmenschliche Beziehungen unverständlich sind und Alex, ein Charmebolzen, der jedoch in Celie verliebt ist und Medizin studiert, obwohl er lieber etwas anderes machen würde. Die Perspektiven der drei wechseln sich immer wieder ab und zwischendurch werden bei Celies Kapiteln noch Auszüge aus dem Tagebuch ihrer Mutter präsentiert.
Die Charaktere der drei Freunde sind sehr unterschiedlich, genauso die Situation, in denen sie nach dem Ausfall festhängen. Mir war vor allem Bernie sehr symphatisch, der im Laufe der Handlung wohl die größte Entwicklung durchmacht. Ich fand es auch gut, dass er und die anderen nicht gleich auf Kampf/Überlebensmodus schalten, und auch noch als alles den Bach runtergegangen ist, Bedenken und Zweifel haben um Nahrung oder Wasser zu kämpfen. In manchen Büchern verfallen die Protagonisten, die ja eigentlich so normal von nebenan wie nur möglich beschrieben werden, gleich nach den ersten drei Seiten in eine Art Terminatormodus.
Was mir nicht so gut gefallen hat, war die allgemeine Reaktion der Bevölkerung unmittelbar nach dem Ausfall. Bereits eine halbe Stunde später ist die totale Panik ausgebrochen, es wird geplündert und gehamstert. Das ist als wenn wir, sobald der Strom eine Stunde weg ist, in den nächstbesten Supermarkt rennen und ihn ausräumen. Das fand ich doch übertrieben. Klar, die sind noch abhängiger von den Toren als wir vom Strom, aber woher sollen sie denn ohne Kommunikation wissen, dass es ein weltweiter Ausfall ist? Man würde in so einer Situation doch eher davon ausgehen, dass es regional ist, bez. schnell wieder behoben wird und nicht gleich schreiend durch die Gegend rennen und sich dabei gegenseitig übern' Haufen trampeln.
Auch ein paar andere Kleinigkeiten, fand ich etwas unklar oder nicht nachvollziehbar. z.B Alex der kurzerhand, fest entschlossen und optimistisch aus Berlin losradelt um Celie zu finden ... in Irland! Ja klar ich latsch auch mal schnell nach Dublin, wenn ich Lust hab. So bis nach München würde ich das ja noch nachvollziehen können, in Anbetracht der Situation, aber Irland. Das ist eine Insel! Da ist Wassser dazwischen!
Wenn man davon absieht ist das Buch aber gut ausgearbeitet, gerade was die spätere soziale Situation angeht. Man merkt die Autorin hat sich wirklich intensiv mit der ganzen Thematik Blackout beschäftigt, was sie in ihrem Nachwort auch nochmal genauer erläutert.
Der Sprachstil ist soweit ganz gut, flüssig und angenehm zu Lesen. eine Besonderheit sind die Begriffe aus dem Sprachgebrauch dieser neuen Zeit, für die es auch ein Glossar gibt (was ich aber erst entdeckt hatte, als ich durch war), was ganz gut ist denn gerade am Anfang wird man von so einigen neuen Begriffen bombadiert.
Fazit
Das Buch hat eins, zwei kleinere Schwächen, bietet aber dennoch ein interessantes Setting und zeigt deutlich wie alles den Bach runter geht, wenn eine Sache von der so viel abhängt, einfach ausfällt. Auch wenn wir heute noch nicht beamen können, fühlte es sich doch überraschend realistisch an.