Schöne Idee, ausgezeichnet recherchiert
Gerd Berger findet bei der Auflösung eines Antiquariats in Münster ein mehrbändiges Lexikon, dem er nicht widerstehen kann. Erst später entdeckt er eine Widmung, die einen persönlichen Bezug herstellt. ...
Gerd Berger findet bei der Auflösung eines Antiquariats in Münster ein mehrbändiges Lexikon, dem er nicht widerstehen kann. Erst später entdeckt er eine Widmung, die einen persönlichen Bezug herstellt. Das ist jedoch nicht die einzige Überraschung, die das Lexikon für Gerd bereithält.
Band 1, der sich als erster in der Reihe als etwas besonderes ansieht, berichtet die Erlebnisse des Lexikons quasi vom Verlassen der Druckerei bis in das 21. Jahrhundert. Zunächst sind die Bände sehr stolz auf ihr Wissen, an dem sie ihre Besitzer natürlich sehr gern teilhaben lassen. Später dann müssen sie erkennen, dass sie durch ihre prominenten Plätze viel erfahren, das sie selbst nicht mehr erklären können. Das ist sehr gut dargestellt. Gernot Beger trifft auch den richtigen Ton, wenn er Band 1 erzählen lässt. Im Gegensatz dazu stehen die Erlebnisse innerhalb der Familien, die das Lesen kurzweilig werden lassen.
Das Lexikon berichtet das Zeitgeschehen, beginnend mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Dabei geht es nicht nur um lokale oder regionale Ereignisse, sondern auch um einen Überblick. Sehr deutlich wird dies insbesondere in den Jahren ab etwas 1920 bis in die zweite Hälfte der 40er Jahre. Hier steht Münster und seine Geschichte im Vordergrund und wird detailliert erzählt, immer wieder jedoch geht es über Münster hinaus.
Die Protagonisten sind lebendig gezeichnet. So wird z.B. Henriette bereits mit dem ersten Satz so gut charakterisiert, dass sofort ein Bild entsteht. Auch alle anderen Charaktere sind gut vorstellbar, seien sie sympathisch oder eher unsympathisch. Ihre Entscheidungen, ihre Probleme und ihre Sorgen werden eher nebenher erwähnt, dennoch ist die Tragweite erkennbar und manchmal auch vorhersehbar.
Der Autor schreibt einen angenehm zu lesenden Stil, dem den Humor nicht fehlt. Damit können die vielen Informationen gut aufgenommen werden.
Ein umfangreicher Anhang mit dem Stammbaum der Familie, umfangreichen Personen- und Sachregister, einem Literaturverzeichnis und Anmerkungen zu einigen Stichpunkten ergänzen den Roman.
Fazit: ein ausgezeichnet recherchierter Roman mit viel Lokalkolorit