Muttergehäuse
Kinderlosigkeit ist für viele ein Fluch, für einige beabsichtigter Segen. Kinder gehören bei vielen Menschen zum Leben dazu. Sie sind die Krönung einer jeden Liebe, das vollkommene Glück und Statussymbol. ...
Kinderlosigkeit ist für viele ein Fluch, für einige beabsichtigter Segen. Kinder gehören bei vielen Menschen zum Leben dazu. Sie sind die Krönung einer jeden Liebe, das vollkommene Glück und Statussymbol. Es scheint wie selbstverständlich zu sein, dass früher oder später jede Frau ein Kind bekommt und Kinder zu der perfekten Idylle des familiären Daseins gehören. Doch Mutter Natur spielt nicht immer mit und manche Frauen können gar nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen schwanger werden. Diese Schwierigkeiten werden in der Gesellschaft gern und häufig unter den Tisch gekehrt. Man spricht nicht über sein „Versagen“, seine „Unfruchtbarkeit“, doch bekommt Frau schnell den entsprechenden Stempel aufgedrückt, wenn nach Jahren in einer funktionierenden Partnerschaft noch immer keine Kinder geboren worden sind. Da kommen schon öfter die Fragen aus dem näheren Umfeld wie z.B. „Wann ist es denn bei euch soweit?“, „Plant ihr schon?“, „Wird endlich mal Zeit für Nachwuchs, oder?“. Ein schmerzlicher Schlag in die Magengrube für diejenigen, die sich ständig für ihre gewollte oder ungewollte Kinderlosigkeit rechtfertigen müssen und zusehen, wie sich im Bekannten- und Freundeskreis die Meldungen über Schwangerschaften und Geburten häufen.
In dem Buch „Muttergehäuse“ beschließt ein Ehepaar ein Kind zu bekommen, doch es will jahrelang einfach nicht klappen. Die Frau leidet und verflucht ihren Körper, ihre Gebärmutter, die nicht funktioniert und sie quält. Freunde werden zu flüchtigen Bekannten, die sie unsensibel mit Fragen löchern, die sie zur Außenseiterin machen und ihr das Gefühl geben versagt zu haben. Die Protagonistin kann sich niemandem mitteilen, bleibt mit ihren depressiven und traurigen Gedanken allein und schottet sich immer mehr von besagten Bekannten ab. Anfangs freute sie sich noch mit den schwangeren Freundinnen, doch dies lässt nach. Sie erträgt es nicht mehr und sie will es nicht mehr hören. Sie will ein eigenes Kind und auch wieder mitreden können.
Das Paar entschließt sich dazu ein Kind aus Afrika zu adoptieren. Nachdem der bürokratische Krieg gewonnen ist, nehmen sie einen kleinen Jungen bei sich auf. Voller Respekt für die verantwortungsvolle Aufgabe, voller Hingebung und lauter Glück beginnt das Paar ein Leben als Familie. Ein Leben, welches sie sich schon so lange gewünscht haben, doch die Reaktionen der Gesellschaft sind teilweise niederschmetternd. Jeder kann sehen, dass der Kleine nicht ihr „echter“ Junge ist, sie hat keine Geburt überstanden, muss keine Stilleinlagen kaufen und hat keine Schwangerschaftsstreifen. Sie hat endlich ein Kind, wird aber trotzdem abgestempelt.
Das Buch hat gerade einmal 160 Seiten und ist so intensiv, realistisch, emotional und aufwühlend. Man leidet mit der Protagonistin, man kann nachvollziehen wie es ihr geht und schüttelt oft fassungslos den Kopf über die Arroganz und Taktlosigkeit der Gesellschaft.