Sehr französisch, sehr gut!
Bertrand Barthelme verunglückt tödlich auf der A35, zwischen Straßburg und Saint Louis, wahrscheinlich ein Unfall, ein paar Ungereimtheiten und die Bitte der Witwe veranlassen den Polizeichef des elsässischen ...
Bertrand Barthelme verunglückt tödlich auf der A35, zwischen Straßburg und Saint Louis, wahrscheinlich ein Unfall, ein paar Ungereimtheiten und die Bitte der Witwe veranlassen den Polizeichef des elsässischen Saint Louis, George Gorski, aber dennoch zu Ermittlungen. Diese gestalten sich nicht immer leicht und Gorski hat zudem mit privaten Problemen zu kämpfen.
Raymond, der 17jährige Sohn des Verstorbenen begibt sich auf seine Weise auf die Spuren seines Vaters. Ein Zettel in der Schreibtischsch Eine große Rolle im Leben Raymonds spielt Satre und sein Werk.
Der Autor hatte mich bereits mit seinem Roman „Sein blutiges Projekt“ überzeugt und ich freute mich auf weitere Lektüre aus seiner Feder. Dass der Brite seine Geschichte nach Frankreich verlegt, und wieder ein anderer als ursprünglicher Autor herangezogen wird, ist eine kleine Überraschung, dass er aber auch sehr „französisch“ schreibt, gefällt mir richtig gut. Auch ist die Geschichte (wieder) nicht in der Gegenwart angesiedelt, sondern einige Jahrzehnte in der Vergangenheit, was man in manchem merken kann, z. B. in der Abwesenheit von Handys. Tatsächlich ist es bereits der zweite Roman, der sowohl dem anderen Autor, Raymond Brunet zugerechnet wird, als auch Georges Gorski ermitteln lässt, nun, laut Vorwort gab es ja auch zwei Manuskripte von diesem (woraus man leider schließen muss, dass keine weiteren Romane mit Georges Gorski zu erwarten sind).
Krimileser könnten von der Geschichte enttäuscht sein, sie ist in meinen Augen weniger Krimi als eine Art psychologischer Studie eines Todes und seiner Folgen. Vor allem Raymonds Umgang mit dem Tod seines Vaters steht im Mittelpunkt der Handlung – im Nachwort wird überlegt, inwieweit der „Autor“ Raymond Brunet hier biografisch erzählt, und inwieweit es sich um eine wahre Geschichte handelt, ja sogar, inwieweit Romane überhaupt wahr sein müssen – hier bezieht sich der Autor auf Satre und dessen Werk, das auch für Raymond große Bedeutung hat.
Aber auch Gorski erhält viel Raum, und zwar nicht nur Dienstliches sondern auch Privates, und auch hier ist es mehr der Umgang mit dem „Fall“ und weniger ernsthafte Ermittlungsarbeit, die man zu lesen bekommt. Spekulieren kann man trotzdem ein bisschen und auch eine gewisse Spannung ist vorhanden. Der Autor erzählt wieder sehr eingängig, so dass man zügig vorankommt. Ich las den Roman sehr interessiert und fühlte mich mitgenommen ins Geschehen. Interessant ist auch der Blick auf die Kleinstadt Saint Louis, die gleichsam mit portraitiert wird, und nicht gerade gut wegkommt. Auch mit dem Ende wird mancher seine Probleme haben, ich finde es aber sehr passend und habe den Roman zufrieden zugeklappt.
Man muss sich auf die Erzählweise einlassen und sollte keinen typischen Kriminalroman erwarten. Mich hat Burnet wieder voll und ganz überzeugt, ganz sicher werde ich weitere Romane von ihm lesen und bin gespannt wo und wie er seinen nächsten Roman ansiedelt. 4,5 Sterne und eine Leseempfehlung für alle, die nicht nur Mainstream-Kriminalromane bevorzugen.