Alternative Geschichtsschreibung mit unglaubwürdigem Resultat
Hannes Stein entwirft hier seine Version einer Welt, und dabei insbesondere Österreich-Ungarns, in welcher das Attentat auf Thronfolger Franz-Ferdinand in Sarajevo nicht stattgefunden hat.
Nach Meinung ...
Hannes Stein entwirft hier seine Version einer Welt, und dabei insbesondere Österreich-Ungarns, in welcher das Attentat auf Thronfolger Franz-Ferdinand in Sarajevo nicht stattgefunden hat.
Nach Meinung des Autors hat es dann nicht nur weder den Ersten noch den Zweiten Weltkrieg gegeben, sondern Kriege sind generell praktisch abgeschafft, die Donaumonarchie gibt es noch immer und sie hat einen allgemein akzeptierten Ausgleich zwischen ihren verschiedenen Völkern gefunden. Alles könnte in schönster Harmonie dahinexistieren, wäre da nicht ein heimtückischer Komet, der geradewegs auf die Erde zurast und voraussichtlich in der Nähe Wiens einschlagen wird. Entdeckt wurde dieser Himmelskörper mittels eines Teleskops auf dem Mond, der längst besiedelt und beliebtes Reiseziel ist.
Dass der erste Mondflug in den 1940er-Jahren stattfindet, E-Mails (die – da die USA ein rückständiges Land sind und es somit keine Anglizismen gibt – als „Elektropost“ bezeichnet werden) aber dennoch erst um das Jahr 2000 herum erfunden werden, ist nur eines der Dinge, die in dem hier entworfenen Szenario unlogisch oder unrealistisch scheinen. Generell gibt es keine nachvollziehbaren Kriterien, warum manches sich ähnlich zugetragen hat wie in Wirklichkeit, anderes wiederum so gar nicht, und die Protagonisten zeigen eine seltsame Mischung aus altmodischen und hypermodernen Verhaltensweisen. (Als ob beispielsweise der Antisemitismus erst durch den Ersten Weltkrieg entstanden wäre und ohne diesen daher alle Religionsgemeinschaften einträchtig zusammenleben würden.)
Schon der kreierte Hintergrund ist also fragwürdig, noch problematischer ist aber, dass es keine echte Handlung gibt. Zwar werden ein paar spannende Situationen konstruiert, auf die jedoch immer nur Schlaglichter geworfen werden, und es treten einige interessante Figuren auf, derer allerdings (angesichts der weniger als 300 Seiten Text) zu viele sind, als dass man mit ihnen warm werden und infolgedessen mit ihnen mitfiebern könnte.
Außerdem wurde der Roman erkennbar für Deutsche geschrieben. Dass häufig Begriffe oder Zusammenhänge erklärt werden, die Österreicher ohnehin kennen (sollten), ging mir doch zunehmend auf die Nerven.
Obwohl dieses „Was wäre gewesen, wenn ...“-Spiel auch ein paar faszinierende Aspekte aufweist, konnte mich das Buch daher insgesamt nicht überzeugen.