Cover-Bild Mein Sardinien
8,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Suhrkamp
  • Themenbereich: Lifestlye, Hobby und Freizeit - Reiseberichte, Reiseliteratur
  • Genre: keine Angabe / keine Angabe
  • Seitenzahl: 215
  • Ersterscheinung: 17.02.2014
  • ISBN: 9783518464960
Hans-Ulrich Treichel

Mein Sardinien

Eine Liebesgeschichte
Er ist unerlöst, der junge Doktorand aus Berlin, und er leidet unter einer Italiensehnsucht, wie sie vor ihm höchstens Goethe kannte. Auf dem Rückweg von der Philharmonie, wo er als Türschließer arbeitet, betritt er aus Neugier eine italienische Bar auf der Schöneberger Hauptstraße, und auch wenn er hier nicht den Süden findet, so findet er doch Cristina, eine Südsardin mit undurchdringlichem Blick. Wochen später wagt er eine schüchterne Liebeserklärung, und zu seiner eigenen Überraschung werden die beiden ein Paar. Als Cristina beschließt, in ihre Heimat Sardinien zurückzukehren, packt auch er seine Koffer, denn eine Trennung kann er sich nicht vorstellen. Und ist es nicht die Erfüllung eines Traums: künftig in zwei Welten zu leben, in Schöneberg und in Italien? Mit wenig Gepäck und vielen Hoffnungen machen sich die beiden auf den Weg ...
Ein Reisebuch, ein Stück Autobiografie, vielleicht ein Roman – in jedem Fall aber eine Liebesgeschichte, die so schön und traurig ist wie die Insel selbst. Heiter, ironisch und melancholisch erzählt Hans-Ulrich Treichel von seinem Sardinien und davon, wie es war, der Sehnsucht nach dem Süden zu folgen.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.12.2018

Ausgeträumt …

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Er hatte sich das Leben in Berlin Ende der 70er-Jahre anders vorgestellt, der Germanistik-Student aus Westfalen, lebhafter und unterhaltsamer. Bisher ist jedoch nichts interessant für ihn, weder seine ...

Er hatte sich das Leben in Berlin Ende der 70er-Jahre anders vorgestellt, der Germanistik-Student aus Westfalen, lebhafter und unterhaltsamer. Bisher ist jedoch nichts interessant für ihn, weder seine Abschlussarbeit, an der er gerade schreibt, noch seine WG in Schöneberg. Auch die Abende haben nicht viel zu bieten. Sein Job als Türschließer in der Berliner Philharmonie würde ihm schon gefallen, wenn er denn die Konzerte anhören dürfte – aber das ist nicht erlaubt. Die Tage dümpeln so vor sich hin bis er eines Nachts, entgegen seiner Gewohnheit, eine italienische Bar betritt und dort Cristina kennen lernt, eine junge Frau aus Sardinien. Er verliebt sich sofort in sie, und, für ihn selbst überraschend, wird aus den beiden bald ein Paar. Als dann Cristina nach Sardinien zurück will, um im Gartenbaubetrieb ihres Bruders mitzuarbeiten, ist unser Student nur zu gerne bereit mitzukommen. Er kann sich durchaus vorstellen, zukünftig in Berlin zu studieren und auf Sardinien mit Cristina das Leben zu genießen. Ob sich seine Träume wohl verwirklichen lassen … ?

Hans-Ulrich Treichel, geb. 1952 in Versmold/Westfalen, studierte an der FU Berlin Germanistik, Philosophie und Politikwissenschaft und promovierte 1984, war dann an den Universitäten Salarno und Pisa Lektor für deutsche Sprache. 1993 habilitierte er sich und lehrte als Professor bis 2018 am Deutschen Literaturinstitut der Universität Leipzig. Hans-Ulrich Treichel schrieb zahlreiche Romane, Gedichte und Essays, wofür er einige namhafte Auszeichnungen und Ehrungen erhielt. Seine Werke wurden in 28 Sprachen übersetzt. Heute lebt Treichel in Berlin und Leipzig.

Als Ich-Erzähler versucht hier der Autor, seine Erlebnisse, Gefühle und Sehnsüchte gegen Ende der 70er-Jahre dem Leser nahe zu bringen. Während ihm dies beim Erleben (er beschreibt exakt jede Straße, jedes Ladenlokal und selbst die Stationen und Nummern der Buslinien) manchmal nur zu gut gelungen ist, konnte ich mich in seine Gefühle absolut nicht hinein versetzen. Von inniger Liebe zwischen Cristina und ihm konnte ich nichts zu spüren, es war allenfalls ein gewisses Begehren vorhanden. Bei den Sehnsüchten nach dem ‚Land wo die Zitronen blühen‘ bezieht sich Treichel hauptsächlich auf Zitate früherer berühmter Italienreisenden, wie Johann Wolfgang von Goethe, D.H. Lawrence, Ernst Jünger und einigen anderen, was sich permanent wiederholt und den Lesefluss entscheidend hemmt.

Der Schreibstil des Autors gefällt mir ansonsten recht gut. Sachlich-lakonisch, dennoch humorvoll und manchmal recht ironisch beschreibt er die Verhältnisse und Begebenheiten. Ein herrliches Beispiel ist, als er auf der Ladefläche eines Kleintransporters ein Spaliergitter für Pflanzen festhalten musste (S.86): „Meine Aufgabe als Festhalter des Holzgitters bewältigte ich ohne Probleme und kam mir sogar ein wenig abenteuerlich vor, wie ich so auf der Ladefläche des Transporters über die Insel fuhr. Hinter mir eine Staubwolke, vor mir die untergehende Sonne, in den Händen das hoch aufragende und schwankende Blumengitter, das ich wie ein Segel mal in die eine und mal in die andere Richtung navigierte, wobei ich eine Zeitlang von kreischenden Möwen begleitet wurde, die den Piaggio offenbar mit einem Fischkutter verwechselten, bis sie begriffen, dass hier nichts zu holen war, und Richtung Meer abdrehten.“

Solche und ähnliche Passagen sind es, die mich letztendlich mit dem Buch ausgesöhnt haben, denn eine Liebesgeschichte, wie im Untertitel zu lesen, ist es nur bedingt – und auf keinen Fall eine Liebeserklärung an Sardinien.