Cover-Bild Der goldene Handschuh
12,99
inkl. MwSt
  • Verlag: tacheles!
  • Themenbereich: Biografien, Literatur, Literaturwissenschaft - Biografien und Sachliteratur
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Ersterscheinung: 27.07.2017
  • ISBN: 9783864844546
Heinz Strunk

Der goldene Handschuh

Heinz Strunk (Sprecher)

Weil er es kann: Ein neuer, ganz anderer Roman von Heinz Strunk

Dieser phantastisch düstere, grell komische und unendlich traurige Roman ist der erste des Autors, der ohne autobiographische Züge auskommt. Ein Strunkbuch ist es trotzdem ganz und gar. Sein schrecklicher Held heißt Fritz Honka – für in den siebziger Jahren aufgewachsene Deutsche der schwarze Mann ihrer Kindheit, ein Frauenmörder aus der untersten Unterschicht, der 1976 in einem spektakulären Prozess schaurige Berühmtheit erlangte. Honka, ein Würstchen, wie es im Buche steht, geistig und körperlich gezeichnet durch eine grausame Jugend voller Missbrauch und Gewalt, nahm seine Opfer aus der Hamburger Absturzkneipe »Zum Goldenen Handschuh« mit.

Strunks Roman taucht tief ein in die infernalische Nachtwelt von Kiez, Kneipe, Abbruchquartier, deren Bewohnern das mitleidlose Leben alles Menschliche zu rauben droht. Mit erzählerischem Furor, historischer Genauigkeit und ungeheurem Mitgefühl zeichnet er das Bild einer Welt, in der nicht nur der Täter gerichtsnotorisch war, sondern auch alle seine unglücklichen Opfer. Immer wieder unternimmt der Roman indes Ausflüge in die oberen Etagen der Gesellschaft, zu den Angehörigen einer hanseatischen Reederdynastie mit Sitz in den Elbvororten, wo das Geld wohnt, die Menschlichkeit aber auch nicht unbedingt. Am Ende treffen sich Arm und Reich in der 24h-Kaschemme am Hamburger Berg, zwischen Alkohol, Sex, Elend und Verbrechen: Menschen allesamt, bis zur letzten Stunde geschlagen mit dem Wunsch nach Glück.

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.05.2019

Hörbuchempfehlung!

0

Heinz Strunk gehört zu den Autoren, von denen man sich das Werk am besten selbst vorlesen lassen muss - daher also eine unbedingte Hörbuchempfehlung für die Autorenlesung (es gibt wohl auch noch ein Hörspiel, ...

Heinz Strunk gehört zu den Autoren, von denen man sich das Werk am besten selbst vorlesen lassen muss - daher also eine unbedingte Hörbuchempfehlung für die Autorenlesung (es gibt wohl auch noch ein Hörspiel, aber das kann ich nicht beurteilen).

Strunk erzählt hier, grob umrissen, die Lebens- und Leidensgeschichte von Fritz "Fiete" Honka, einer sogenannten "gescheiterten Existenz", der in den späten siebziger Jahren als Frauenmörder zu zweifelhaftem Ruhm gelangte. Leidensgeschichte deshalb, weil Strunk (der für seine Recherche exklusive Akteneinsicht erhielt) Honka von innen nach außen krempelt, ihn von seiner schweren Jugend, seinen ständigen Abstürzen, seinen Süchten und seinem Wahn so echt und nahbar erzählen lässt, dass man fast mit ihm leidet. Und das trotz seiner Perversion, seinem Hang zur Gewalt und seiner offensichtlichen sonstigen Gestörtheit - der man ist alkoholkrank, gewissermaßen lebensmüde und einfach kaputt. Und er ist bei weitem nicht der Einzige, denn neben Honka tummeln sich im "Goldenen Handschuh", der titelgebenenden 24-Stunden-Reeperbahn-Klitsche, allerlei zerbrochene, verwahrloste, abgestürzte Menschen, die den letzten Rest (sofern vorhanden) von Glück, Stolz, Würde und Lebenswille mit Bier und Schnaps wegspülen.

Den Gegenpunkt setzen die Kapitel, die von einer fiktiven reichen Reederfamilie in drei Generationen berichten - feine Leute der Hamburger Oberschicht dem Anschein nach, aber innerlich genauso verrotet wie die Kneipendauergäste. Ein schöner Kontrast, der mehr und mehr verblasst.

Das klingt alles sehr traurig, unappetitlich und unangenehm, aber Strunk schafft es, sich allen diesen Charakteren mit Respekt zu nähern, und sie "echt" erscheinen zu lassen - hier ist niemand übermäßig karikiert oder eines Witzes wegen ins Lächerliche gezogen. Das Buch ist an vielen Stellen witzig, durchaus - aber nicht auf Kosten der kaputten Typen, sondern wegen ihnen und/oder aus der Situation heraus. Es sind die Lebensweisheiten, die nur so an einem verdreckten Tresen entstehen können, es sind die Sprüche und Spitznamen, die nur in so einer Kaschemme das Licht der Welt erblicken können. Kurzum: Es ist eine äußerst stimmige Milieustudie - fast schon zu stimmig, denn das leichte Unwohlsein und der leichte Ekel beim Hören verschwinden nie ganz.

Ich kann dieses Hörbuch nur empfehlen, aber nicht ohne Warnung: Einige Szenen sind wirklich hart, die Sprache grundsätzlich rau und derbe, die Gewalt und Perversionen teils sehr extrem. Mich persönlich hat das nicht allzu schlimm belastet oder geschockt (was auch immer das über mich aussagen mag...), aber ich kann verstehen, warum dieses Buch durchaus kontrovers behandelt wurde. Für mich überwog am Ende das Gefühl guter, wenn auch "harter" Unterhaltung. Mein Freund und ich haben es, nachdem er mich eingeholt hatte, gemeinsam zu Ende gehört - und schlagen uns jetzt immer mal wieder wechselseitig die Lebensweisheiten von Käpt'n Kuddel und Bruder Siggi um die Ohren.