Ein vergessenes Talent im Schatten der gerühmten Schwester
Die Malerin Helene de Beauvoir (1910-2001) war die einzige Schwester von Simone de Beauvoir, in deren Schatten sie zeitlebens stand und bis heute steht. Diese Autobiographie, die im Wesentlichen auf 1987 ...
Die Malerin Helene de Beauvoir (1910-2001) war die einzige Schwester von Simone de Beauvoir, in deren Schatten sie zeitlebens stand und bis heute steht. Diese Autobiographie, die im Wesentlichen auf 1987 geführten Interviews beruht, holt die mittlerweile fast vergessene jüngere Schwester ins Rampenlicht. Ergänzt werden die chronologisch aufgebauten Kapitel von einigen wenigen ergänzenden Briefausschnitten oder Textpassagen und einer Reihe von Abbildungen ihrer Werke.
Insgesamt und objektiv von „außen“ betrachtet lebte die Malerin wohl ein sehr interessantes spannendes und erfolgreiches Leben, sie stand in Kontakt mit vielen führenden Kulturschaffenden ihrer Zeit und auch ihr vielseitiges Werk ist beeindruckend. Und dennoch, obwohl Helene de Beauvoir betont, bereits vor ihrer Schwester Feministin gewesen zu sein, ist es doch ein Leben, dass im Wesentlichen von den beruflichen Stationen ihres Mannes bestimmt wird. Helene und Lionel überleben den zweiten Weltkrieg relativ unbeschadet in Portugal und treten erst nach Kriegsende in die französische Armee ein um ins zerstörte Wien reisen zu können, wo er eine Stelle bekommen hat. Danach machen die beiden Stationen in Belgrad, Marokko, Mailand, Paris etc.
Es ist ein interessantes Leben, wenngleich die Schilderung auch traurig macht, denn trotz aller Entbehrungen lebte die Künstlerin ein sehr freies Leben, eines, das in dieser Form so heute nicht mehr möglich ist. Sehr ungewohnt fand ich auch den Blick auf die junge/private Simone de Beauvoir. Wobei die „kleine Schwester“ hier wohl in keinster Weise so objektiv und unabhängig ist, wie sie mehrfach selbst betont, man spürt, wie sie die erfolgreichere Simone regelrecht vergöttert und ihr Talent in den Himmel hebt. Verständlich, aber auch irgendwie schade. Bezeichnend ist hier auch, dass der Text im Wesentlichen mit Simones Tod (1986) endet, wenngleich Helene de Beauvoir danach noch über 10 Jahre lebte.
Der Text an sich ist mehr oder weniger eine zwar interessante Aufzählung von Lebensstationen, Originalität oder Humor klingen nicht durch. Die Bilder jedoch haben mich überzeugt, die finde ich größtenteils wunderschön. Sympathisch ist mir die Malerin durch diesen Gesamteindruck nicht geworden, jedoch macht es Lust, sich genauer mit Simone de Beauvoir und ihrem Werk zu beschäftigten.