Vom Schein und Sein
Die junge Deutsche Elise verbringt einen Sommer im Ferienhaus der Eheleute Margaux und Philippe Leclerc in der Normandie. Dort verrichtet sie hauswirtschaftliche Tätigkeiten und freundet sich schnell mit ...
Die junge Deutsche Elise verbringt einen Sommer im Ferienhaus der Eheleute Margaux und Philippe Leclerc in der Normandie. Dort verrichtet sie hauswirtschaftliche Tätigkeiten und freundet sich schnell mit Margaux an. Sie ist fasziniert von den regelmäßig stattfindenden Dinner-Abenden und ihren Gästen, als auch der Ehe und den Persönlichkeiten des Paares selbst. Durch ihre Anstellung wird sie immer häufiger Beobachterin und Zuhörerin verschiedenster Situationen. Ein einziger Abend lässt für Elise plötzlich alles in neuem Licht erscheinen und erschüttert ihre Zeit in Frankreich nachhaltig.
Ein unglaubliches, ein genial geschriebenes Buch, das sich immer auf höchstem Niveau bewegt. Husch Josten ist mit »Eine redliche Lüge« ein Gesellschaftsroman gelungen, der durch seinen Intellekt und seinen unerwartet dramatischen Ausgang besticht. Elise ist vierundzwanzig Jahre alt und hat kürzlich ihr Studium beendet. Sie bewirbt sich als Haushälterin bei einem französischen Ehepaar und darf dieses kurz darauf in sein Ferienhaus in die Normandie begleiten. Elise mag Margaux und Philippe auf Anhieb und ist fasziniert von deren Weltoffenheit und großer Zuneigung füreinander. Die beiden sind gesellige Leute und so veranstalten sie während dieses Sommers immer wieder Feste und Abendessen in ihrer Villa.
Elise ist während der Dinner-Abende für das Essen zuständig. Sie kocht, schenkt den Gästen Getränke nach und bekommt zwangsläufig Gespräche der feinen Gesellschaften mit. Die Gesprächsthemen sind vielfältig und reichen von Politik, Literatur, Sexualität bis hin zu Liebe, Identität und Untreue. Elise genießt diese Abende und die unbeschwerte Zeit und schließt Margaux und Philippe innerhalb kürzester Zeit ins Herz. Besonders die Hausherrin wird ihr eine gute Freundin. Gegen Ende des Sommers, es ist der 25. August taucht ein unerwünschter Gast im Ferienhaus auf, der die Scheinwelt der Leclercs zum Bröckeln bringt und eine Lebenslüge offenbart.
Husch Josten schreibt in einer sehr schönen Sprache, die ich beim Lesen nur so in mich aufsog. Schon zu Beginn baut sich ein großer Spannungsbogen auf, der bis zum Ende der Geschichte gehalten werden kann und am Ende in einer Katastrophe mündet. Ich fühlte mich während der Tischgespräche immer an den Ort des Geschehens versetzt und mochte die geistreichen Themen und nicht zuletzt die Beschreibungen der köstlichen französischen Speisen. Josten schafft es, ihre Leser:innen gemeinsam mit ihren Figuren am Tisch Platz nehmen zu lassen und hinter die Fassaden zu blicken. Zeitgleich bleiben einem die Leclercs lange ein Rätsel und ich war bis zum Schluss neugierig auf das tragische Ende.
Und trotz dieses Umstandes spürte ich nach dem Lesen noch tagelang die unbeschwerte Leichtigkeit und den Sommer in der Normandie. Das liegt auch daran, dass Josten nicht verurteilt, dass sie die die Menschen als das sieht, was sie sind. Dass die Lügen in ihrer Geschichte viel Dramatik bergen, verletzen und zerstören, es am Ende jedoch nicht die Unwahrheit ist, die im Kopf hängen bleibt, sondern die menschlichen Beweggründe dahinter, die Liebe zweier Menschen füreinander. Mich hat der Roman begeistert und mitfühlen lassen.
Vom wunderschönen Setting des Romans und seinen Figuren, in die ich mich verliebt habe, werde ich noch lange zehren.