Autobiographie einer chaotischen Familie
„… ich spürte, wie ich mit diesem Mann verschmolz, mit dem ich einen langen und steilen Weg gegangen war, mit dem ich gestolpert und gefallen und wieder aufgestanden war, mich gestritten und mich versöhnt ...
„… ich spürte, wie ich mit diesem Mann verschmolz, mit dem ich einen langen und steilen Weg gegangen war, mit dem ich gestolpert und gefallen und wieder aufgestanden war, mich gestritten und mich versöhnt hatte, ohne dass wir einander je verraten hätten. Das Siegel der Tage, Leid und Freuden geteilt zu haben, war längst unser Schicksal.“
Mit diesen bewegenden Worten schließt Isabel Allende ihr Buch „Das Siegel der Tage“ ab, das an ihren zuvor erschienenen Roman „Paula“ anknüpft. Sie wendet sich darin an ihre verstorbene Tochter Paula und erzählt ihr, wie ihr Leben und das der Familie in den vergangenen vierzehn Jahren seit ihrem Tod weiter gegangen ist. Sie beginnt damit, wie die ganze Familie an einen idyllischen Platz im Kalifornischen Nationalpark fuhr, um dort ihre Asche zu verstreuen. Allende erzählt - und das kann sie sehr gut. Es fallen ihr immer wieder neue Anekdoten und Geschichten ein. Geschichten über sich selbst, ironisch und nicht immer schmeichelhaft, und Ereignisse in der Familie, über die die betroffenen Familienmitglieder wohl nicht immer erfreut waren. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund und erzählt in aller Offenheit über Trennungen, neue Liebschaften und Kuppeleiversuche innerhalb ihrer großen Familie und ihres Freundeskreises, den sie zur erweiterten Familie hinzu zählt. Allende benimmt sich wie eine Glucke, die alle ihre Lieben um sich scharen möchte. Sie sucht und kauft Häuser in ihrer Nähe, um Familienmitglieder dort unter zu bringen. Gerne mischt sie sich auch in deren Privatleben ein und gibt ungebeten Ratschläge in Liebesdingen. Ja, sie schreckt auch nicht davor zurück, für den Buchhalter ihres Mannes im Internet eine passende, heiratswillige Chinesin zu suchen.
Da dies kein Roman mit fortlaufender Handlung ist möchte ich empfehlen, die einzelnen, teils in kurzen Kapiteln eingeteilten Episoden, häppchenweise zu genießen. Die ganze Fülle an Ereignissen und Begebenheiten auf einmal zu lesen, könnte den Leser leicht überfordern. Dann kann man eintauchen in ein Buch voller Herzenswärme und ironischem Humor, in ein Leben mit Höhen und Tiefen und Phasen der Freude und der Trauer, geschrieben von einer starken Frau, die ihre Erfüllung im Kreise ihrer außergewöhnlichen Familie findet.
Fazit: Ein interessantes Buch das, obwohl kein Roman, doch bemerkenswert gut unterhält.