Gespickt mit feinem, spitzen Humor ist dies ein imposanter historischer Roman
Christoph Elias Rieger will seinen Vater Alois Elias Rieger übertrumpfen. Damals brachte dieser eine Innovation ins Dorf. Heute, zu Beginn des 16ten Jahrhunderts, will dies Christoph mit dem Waidanbau ...
Christoph Elias Rieger will seinen Vater Alois Elias Rieger übertrumpfen. Damals brachte dieser eine Innovation ins Dorf. Heute, zu Beginn des 16ten Jahrhunderts, will dies Christoph mit dem Waidanbau tun. Dafür benötigt er auch Geld. Dies sichert ihm die Mitgift der, in der Armenspeisung lebenden, Margarete Luise Wagner. Sie kennen sich aus Kindertagen, denn der Vater von Margarete war der Schmied, der Alois Rieger bei der Umsetzung dessen Plans half.
Nun will Christopher seine Idee zum Erfolg führen, doch die Gemeinde ist schockiert. In Horka will niemand das Teufelskraut und schon gar keine Hexe. Christopher sind die Vorbehalte egal, er ist fest davon überzeugt auch den letzten Zweifler davon zu überzeugen. Doch die Niederträchtigkeit des Dorfes kennte keine Grenzen und auch die Ehe läuft nicht wie geplant. Und zu spät wird klar, dass auch ein Christoph Rieger nicht gegen dunkle und gut gehütete Geheimnisse ankommt.... oder doch?
Obwohl der personale Erzähler die Geschichte von Margarete und Christoph schildert, hätte ich nicht tiefer in diese Story eintauchen können. Die Schreibgewalt von Ivonne Hübner ist grandios, ich fühlte mich in die Zeit des 16ten Jahrhunderts zurückversetzt. Eindrucksvoll wird das harte Leben im Dorf Horka, die Zwiste unter den Bewohnern und das rücksichtslose Verhalten der Kirche heraufbeschwört. Die Wortwahl ist jener Zeit angepasst, nicht ein neumodisches Wort kreuzt des Lesers Weg. So ist diese Reise in die Vergangenheit so realistisch, dass ich die düstere Zeit beinah schmecken konnte.
Zu Beginn fiel mir der Schreibstil etwas schwer, dies lag aber an den ungewohnten Worten. Das gab sich recht schnell und genauso fix konnte ich die vielen benannten Personen zu ordnen.
Am Anfang hatte ich eine Befürchtung auf das Ende, das mir Ivonne Hübner jedoch immer wieder austrieb. In mir keimte die Hoffnung für Margarete und Christoph auf. Mehr als einmal fragte ich mich, wie es wohl weitergehen würde.
Den Protagonisten hat Ivonne Hübner sehr viel Leben eingehaucht. Sie waren authentisch und wahrlich interessante Charaktere. Nicht immer mochte ich den Christoph leiden, doch dies war gar nicht notwendig. Denn, wie im wahren Leben ist, der erste Blick nicht immer der Richtige. Dies ist auch hier der Fall. Und ja, Margarete ist mir sehr ans Herz gewachsen. Ihr Scharfsinn ist wirklich bewundernswert, ebenso ihr Fleiß und Mut. Mit beiden Protagonisten habe ich furchtbar mitgelitten, gefiebert und gefreut.
Die Spannung ist zu Beginn gering, es wird viel erklärt. Doch alle diese Ereignisse und Informationen sind wichtig für das Gesamtbild. Geschickt werden Bauernweisheiten, Legenden, Aberglaube und Wissen der damaligen Zeit in die fiktive Welt des Bauern Christoph Rieger und seiner Frau Margarete eingebaut. Nach und nach kommt der Leser hinter die ganze furchtbar tragische Geschichte. Schritt für Schritt lüften sich die Zusammenhänge, die mir vor Spannung fast den Atem nahmen. Und glaubte ich oft, jetzt habe ich das letzte Puzzlestück, offenbarte die Autorin ein Neues.
Der Aufbau der Geschichte hat mich wahnsinnig fasziniert. Nicht ein Satz, nicht eine Handlung, nicht ein Spruch ist umsonst. Alles fügt sich, wie kleine Zahnräder, ineinander.
Die Inhalte des Buches sind sauber recherchiert, dies ist in jeder Silbe zu spüren. Gespickt mit feinem, spitzen Humor ist dies ein imposanter historischer Roman.
Diese Geschichte geht tief ins Herz und lässt einen nicht mehr los. In mir hallt sie nach wie die Glockenschläge der Horkaer Kirche.
Wer anfänglich Geduld mit dem Buch hat, wird mit einer bildgewaltigen und unter die Haut kriechende Geschichte belohnt.