Virtuelle Romanze mit unerwarteter Wendung
Die Grundidee zu dem Buch hat mich sofort angesprochen. Und trotzdem bin ich erst einmal drumherumgeschlichen, weil ich nicht wusste, ob der ungewöhnliche Stil mich wirklich mitreißen würde. Aber das ...
Die Grundidee zu dem Buch hat mich sofort angesprochen. Und trotzdem bin ich erst einmal drumherumgeschlichen, weil ich nicht wusste, ob der ungewöhnliche Stil mich wirklich mitreißen würde. Aber das hat er erstaunlich gut.
Entgegen meinen Zweifeln konnte ich mich wunderbar in die Figuren hineinversetzen, selbst wenn man von ihrer Gefühls- und Gedankenwelt nur das mitbekommt, was sie offen von sich erzählen. Anfangs ist das etwas gewöhnungsbedürftig, gleichzeitig wirken die Charaktere dadurch lebendiger und direkter in dem, was sie von sich preisgeben. Je mehr Vertrauen sie zueinander fassen, desto tiefgründiger werden ihre Gespräche und auf diese Weise enthüllen sich immer mehr Facetten der Protagonisten.
Da die übrigen Personen lediglich kurz in kleinen Zwischenchats zu Wort kommen, bleiben sie leider zu blass, lockern jedoch die sich anbahnende, voller Startschwierigkeiten behaftete Beziehung überraschend unterhaltsam auf. Und sorgen mitunter dafür, dass man mal eine andere Perspektive auf die Story kennenlernt.
Der Schreibstil macht es einem ebenfalls leicht, sich in die Geschichte reinzufinden. Flüssig und lockerflockig, meistens in Jugendsprache gehalten, führt er einen durch die Ereignisse und lässt einen live teilhaben. Das Geschehen wirkt dabei so echt und dadurch so intim, als hätte man einen Facebookaccount geknackt und würde nun fremde persönliche Nachrichten lesen. Manche Ausdrücke passen zwar meiner Meinung nach nicht ganz zu heranwachsenden Teenagern, allerdings hat mich das nicht so gestört wie die auf bemühte Jugendlichkeit getrimmte Sprache anderer Werke. Denn so verleihen die Autoren der langsamen Annäherung der beiden mehr Ernsthaftigkeit und ab einem gewissen Punkt ebenfalls die nötig Tiefe.
Stellenweise dümpelt die Handlung dagegen regelrecht vor sich hin, bleibt dabei zu sehr an der Oberfläche und befasst sich mit Belanglosigkeiten, die man gut hätte weglassen können.
Ansonsten hat mich der Roman super unterhalten und besonders der Schluss hielt eine unerwartete Überraschung für mich bereit.
Fazit
Im Pyjama um halb vier ist ein sehr lesenswerter Jugendroman über eine virtuelle Romanze, die einen toll unterhalten kann. Mit lebendigen, echt wirkenden Charakteren, einem ungewöhnlichen, aber unglaublich authentischen Stil und einer Romanze, die zunehmend an Tiefe gewinnt, konnte mich das Buch begeistern. Diese positiven Punkte trösteten mich auch über die vor allem am Anfang gehäuften Oberflächlichkeiten hinweg, die mich trotz des spitzigen Humors nicht fesseln konnten.
Wer gerne Geschichten in Chatform liest, sich langsam und realistisch anbahnende Liebesbeziehungen bevorzugt und liebenswert direkte Figuren liebt, der sollte sich das Gemeinschaftswerk von Gabriella Engelmann und Jakob M. Leonhardt mal genauer ansehen.