Auf dem Land, o la la, geht es äh ... rund!
O la la! Intelligenter historischer Krimi mit sehr heißen homoerotischen Szenen. Und Humor in Form von feiner Ironie. James Lear ist klasse!
Wie sagte schon Oscar Wilde sinngemäß, in englischen Landhäusern ...
O la la! Intelligenter historischer Krimi mit sehr heißen homoerotischen Szenen. Und Humor in Form von feiner Ironie. James Lear ist klasse!
Wie sagte schon Oscar Wilde sinngemäß, in englischen Landhäusern sei die Moral aufgehoben. Für das Jahr 1925, mit seinen noch strengen moralischen Grundsätzen gilt diese Aussage des irischen Dandys auf jeden Fall.
Der 22jährige Amerikaner Edward "Mitch" Mitchell studiert in Cambridge. Sein bester Kumpel ist Harry "Boy" Morgan, gleichaltrig, der sich mit Belinda "Billie" Eagle aus einer Industriellenfamilie verlobt hat.
Nun sind beide zu Besuch in derem Zuhause, bei der Familie Eagle. Es soll ein schönes, unbeschwertes Wochenende werden, mit Smalltalk, guter Gesellschaft und Spielen, wie zum Beispiel Verstecken.
Mitch, der leidenschaftlich gerne Sherlock Holmes und die neue, aufstrebende Agatha Christie liest, sieht sich selbst als angehender, deduktiver Detektiv. Er ist auch schwul, mit einer stark ausgeprägten Libido und möchte unbedingt Boy verführen. Übrigens: Warum wird Boy so genannt? Weil er jungenhaft wirkt. Heute wäre er wohl mit dem Spitznamen Twink oder Twinkie bedacht. 😀
Aber ein Mordfall versaut die ganze Stimmung in Drekeham Hall bei Norfolk. Ein mysteriöser Besucher wurde erdrosselt und der Hausangestellte Charlie Deeks wird als vorgeblicher Mörder verhaftet und von der Polizei mißhandelt. Mitch wird selbst Zeuge davon.
Seine detektivischen Sinne sind gefordert. Er hält den jungen Mann gemeinsam mit Boy für unschuldig und fängt an zu ermitteln. Was sie nach und nach herausfinden, bestätigt ihn in seinen Annahmen. Und Mitch scheut nicht vor vollem Körpereinsatz zurück, um sich Männer geneigt zu machen und wichtige Informationen zu erlangen. Wird es ihm gelingen das Geflecht zu entwirren, Charlie zu retten und die bittere Wahrheit aufzudecken?
Der Brite James Lear lebt in London und versteht sich hervorragend auf queere Krimis, nicht nur der historischen Art. Das Buch ist großartig. Erfrischend und originell. Mitch, der Amerikaner hat natürlich einen anderen Blickwinkel auf diese geschlossene Gesellschaft der Oberschicht und er deckt erschreckende Dinge auf, die auch viel über die verlogene Doppelmoral jener Zeit aussagen. Ja, die Zeit, in der gleichgeschlechtliche Liebe noch justiziabel war.
Nur dieser Tatsache geschuldet ereigneten sich Tragödien, die ansonsten vermeidbar gewesen wären. Wirklich erschreckend, was sich hinter der Hochglanzfassade verbirgt.
Mitch ist ein äußerst sympathischer, intelligenter, unkonventioneller Protagonist, der durch sein ironisches, frivoles Auftreten nachdrücklich im Gedächtnis bleibt.
Die prickelnden heißen homoerotischen Sexszenen sind gekonnt eingebaut und äußerst erregend sowie stimulierend geschrieben. Atmosphärisch und mit einigen klasse Wendungen sowie einigen sehr schönen Begebenheiten geschrieben.
Am Ende bleiben keine Fragen offen. So würde Agatha Christie schreiben, wenn sie ein queerer Mann ( oder Frau oder divers ) von heute wäre.
Kurios ist auch, wo Mitch einen äußerst wichtigen Beweis verstecken muß. Oh! Oh! Der Arme! Das Buch ist jedenfalls nicht platt oder ordinär, sondern elegant und gewitzt formuliert. Gerne mehr davon!