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Veröffentlicht am 16.05.2023

Haute Tension - High Tension

STROM
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Der Titel meiner Rezension hat nichts mit dem gleichnamigen französischen Film zu tun. Ich verwende ihn, weil der Protagonist unter Starkstrom steht.

Der Titel des Buches hingegen ist passend und schön ...

Der Titel meiner Rezension hat nichts mit dem gleichnamigen französischen Film zu tun. Ich verwende ihn, weil der Protagonist unter Starkstrom steht.

Der Titel des Buches hingegen ist passend und schön mehrdeutig. Strom. Unter Strom stehen? Mit dem Strom schwimmen? Gegen ihn? Strom kann auch letal sein.

Hector hat es satt. Er ist invisibel und kann das nicht länger ertragen. Einer von acht Milliarden Menschen. Wie eine Ameise oder eine Arbeitsbiene im Kollektiv der Menschheit untergehen? Nein!

Er will einen radikalen Schnitt machen und mehr tun, als nur Harmloses oder Populistisches zu posten. Berühmt und gesegnet mit Erfolg.

Was braucht also das "übersättigte" Volk scheinbar? Sensation und das Außergewöhnliche.

Er betreibt einen Mordblog und tötet dafür höchstselbst für das blutdurstige Publikum.

Doch dann gerät er zunehmend in den Sog der Abwärtsspirale ...

Sensationslust gibt es anscheinend schon immer und ist nicht nur ein Phänomen der Internetzeit.

Waren die Römer von den blutigen Spektakeln im Kolosseum nicht angetan? Oder von der blutigen Morbidität des Grand Guignol in Paris? Obwohl das nur, zugegebenermaßen, sehr real anmutende Inszenierungen waren.

Löste Jack the Ripper neben Angst nicht auch ein fiebriges Kribbeln aus?

Gab es nicht welche, die sich an den Gepfählten des Vlad Țepeș ergötzt haben?

Und die Schaulustigen bei Unfällen und öffentlichen Hinrichtungen?

Viele dieser Epochen haben einen gewissen Hedonismus gemein und einen unterschwelligen Lebensekel. Nur noch starke Impulse scheinen Leuten das Gefühl zu geben, noch zu leben.

Das Buch ist spannend, und man empfindet guilty pleasure, weil einem Hector nicht ganz unsympathisch ist.

Das Werk ist ebenso eine geschickte Gesellschaftskritik, ohne die Moralkeule zu schwingen.

Ich fürchte, dass echte Morde live (im Darknet) eine erkleckliche Zahl an (zahlenden) Zuschauern hätten.

Hoffentlich haben wir nicht wie die Römer den Zenith überschritten und befinden uns im Niedergang.

Ein Roman, der sehr nachdenklich stimmt und zum Reflektieren anregt.

Danke, Laura Wohnlich!

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Veröffentlicht am 16.05.2023

Du-te dracu!

Kinder der Nacht
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Der Titel meiner Rezension bezieht sich auf den häufig gebrauchten rumänischen Fluch: Geh zum Teufel! Denn Dracu bedeutet in jener romanischen Sprache nicht nur Teufel, sondern auch Drache.

Das Buch ...

Der Titel meiner Rezension bezieht sich auf den häufig gebrauchten rumänischen Fluch: Geh zum Teufel! Denn Dracu bedeutet in jener romanischen Sprache nicht nur Teufel, sondern auch Drache.

Das Buch setzt noch 1989 ein, kurz nach der Hinrichtung der Ceaușescus und den immer noch anhaltenden Wehen der rumänischen Revolution. Diese sind dabei, ein brandneues Land gebären zu wollen. Wirklich?

Pater Mike O'Rourke aus der Diözese Chicago ist Mitglied einer Gruppe eines Milliardärs (ebenfalls Yankee), die die Waisenhäuser dieses südosteuropäischen Landes besuchen.

Weil während Ceaușescus Regime jegliche Verhütung streng untersagt war und jede Familie mindestens fünf Kinder haben sollte, wurden viele unerwünschte Babys zur Welt gebracht.

Diese landeten dann, sich selbst überlassen, unterernährt, oft krank und unter Hospitalismus leidend, in jenen Löchern der Hölle. Um sie zu "stärken", wurden vielen von ihnen Blut gespritzt. Daher die vielen Babys mit AIDS und Hepatitis.

Mike ist geschockt und beschließt, als helfende Hand in jenem Land vorerst zu bleiben.

Kleiner Zeitsprung: Neues Jahrzehnt und die 38jährige Ärztin und Hämatologin Kate Neumann aus Colorado ist in București, um sich im Ersten Bezirk in einem Krankenhaus für die Kinder zu.engagieren, die sonst keinen haben. Um Leben zu retten.

Sie ist ebenso fassungslos über die unsagbaren Zustände. Ilegal werden Kinder, vorwiegend von Amerikanern, gekauft und auch welche offiziell adoptiert. Bis die Regierung 1991 das endgültig verbietet.

Sie hat einen ungewöhnlichen Patienten, den Säugling, den sie Joshua taufen wird. Er hat eine seltene und seltsame Krankheit und eine außergewöhnliche Selbstheilung zugleich, sobald er eine Transfusion erhält.

Sie schafft es, den Jungen legal zu adoptieren und nach Amerika zu bringen. Allerdings hat dies bittere Folgen für sie, als Joshua unter dramatischen Umständen gekidnappt und nach Rumänien verbracht wird.

Mit Pater Mike, den sie bereits aus România kennt und ihrem dakischen Freund Lucian Forsea begibt sie sich auf gefährliches Terrain, als sie nach illegaler Einreise Joshua finden will.

Die Securitate existiert natürlich noch, aber unter neuem Namen und es gibt mehr als nur einen Todfeind auf ihrem Weg. Vlad höchstpersönlich gehört dazu. Und die Strigoi, wie die Vampire eigentlich heißen.

Ich bin eigentlich skeptisch, wenn ein Amerikaner über das alte Europa schreibt und vor allem, wenn es um Südost- und Osteuropa geht.

Ich bin aber angenehm überrascht. Er hat im Land recheriert, sich von Rumänen beraten lassen (im Nachwort erwähnt) und so sehr viel Authentizität ins Buch einfließen lassen.

Er benutzt auch rumänische Sätze und Wörter, die größtenteils korrekt geschrieben, aber mit einigen, kleinen Fehlern, was aber dem Übersetzer geschuldet sein kann.

Obwohl die harten Fakten richtig sind, ist doch ein Schnitzer enthalten. Timișoara (Temesvár/Temeschburg) ist nicht in Transsilvanien (Ardeal, Erdélyi, Siebenbürgen), sondern im Banat. Zudem fehlt diese sehr wichtige Stadt auf der Landkarte, die der Geschichte vorangestellt ist.

Auf jeden Fall ist die Handlung ungewöhnlich, fußt auf der Realität und bietet eine faszinierende Erklärung für den Vampirmythos.

Es gibt unvorhersehbare Wendungen und die Art, wie sich die Protagonisten entwickeln, überzeugt durchaus.

Einige Klischees werden nicht vermieden, aber geschenkt. Die sind so spärlich, dass diese der Spannung keinen Abbruch tun.

Origineller und frischer Plot, der 31 Jahre nach Erstveröffentlichung immer noch wie neu wirkt. Das gibt dem blutleeren, ausgesaugten Subgenre superbe Impulse.

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Veröffentlicht am 15.05.2023

Ein Quantum Quanten

Warum wir nicht durch Wände gehen*
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Die Quantentheorie ist kein Pflichtfach für Schuhfachverkäufer oder für angehende Orthopäden. Scherz zurück in den Glückskeks.

Nein, die Quantentheorie ist natürlich ein Teilgebiet der Physik. Und wieso ...

Die Quantentheorie ist kein Pflichtfach für Schuhfachverkäufer oder für angehende Orthopäden. Scherz zurück in den Glückskeks.

Nein, die Quantentheorie ist natürlich ein Teilgebiet der Physik. Und wieso schrecken viele davor zurück? Entweder weil sie das Ganze für Humbug halten oder ihnen die Materie schlicht zu kompliziert erscheint.

Der österreichische Physiker und Wissenschaftspublizist Florian Aigner hat über theoretische Quantenphysik promoviert, weiß also, wovon er redet.

In zwölf Kapiteln präsentiert er hier anschaulich und auch mit Illustrationen versehen, die diversen Aspekte der Quantenphysik.

So wird der harte Stoff "gut verdaulich" und der Imaginationskraft mehr als zugänglich.

Ich beschäftige mich schon länger mit Quantenphysik und es ist immer wieder faszinierend, wie ich durch Bücher wie dieses hier neue Aspekte sowie Facetten hinzugewinne.

Und dieses Thema zeigt, wie sehr es praktisch in unserem Alltag verankert ist. Großartig!

Danke!

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Veröffentlicht am 15.05.2023

Das zersplitternde Spiegelbild

The Shards
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Bret Easton Ellis hat hier die fiktionalisierte Biographie seiner Jugend mit einem größeren Tableau kombiniert.

Er ist siebzehn, sorgenfrei und ein spoilt brat. Er hat sehr reiche Eltern und geht auf ...

Bret Easton Ellis hat hier die fiktionalisierte Biographie seiner Jugend mit einem größeren Tableau kombiniert.

Er ist siebzehn, sorgenfrei und ein spoilt brat. Er hat sehr reiche Eltern und geht auf eine sehr exklusive Schule. Hat bald den Abschluss in der Tasche.

Obwohl er gepflegte Langeweile schiebt und auch Drogen sowie Sex nicht abgeneigt ist, bekommt sein Leben dennoch Sprünge.

Zu Anfang der 80er Jahre treibt sich in ebenjenem Los Angeles ein Serienmörder um, der junge Frauen verschleppt, foltert und ermordet.

Zudem hat Bret einen neuen Schulkommilitonen namens Robert, der etwas mit der steigenden Opferzahl des Killers zu tun haben könnte ...

Richard Ramirez und die Hillside Stranglers sind wohl die schlimmsten Serienkiller jener Ära, an die Ellis seinen Mörder angelehnt an.

Fintenreich führt der Autor einen in die Irre und lässt einen des öfteren eiskalt erschaudern.

Hier zeigt sich die Glitzermetropole mal wieder zurecht von ihrer frostigsten Seite.

Auch die Upperclass hier hat etwas durchaus Abstoßendes, auch wenn sie nicht direkt mordet. Wer weiß, ob sie aber durch ihre Ignoranz und Zynismus nicht das Serienkillertum mit befördert.

Die Gewalt ist nichts für schwache Nerven und teilweise grafisch geschildert. Aber nach American Psycho vom selben Autoren sollte einen das wohl nicht wundern.

Das Buch ist auch ein Psychogramm einer Stadt und Epoche.

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Veröffentlicht am 15.05.2023

Kann die Liebe dauerhaft aufknospen?

Go up in Flames
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Margo ist eine junge Journalistin, die bei einem nicht unbekannten Streaminganbieter ein superbes Praktikum angelt.

Ihre Aufgabe besteht darin, für eine Doku Material über den Circus Grenaldi zu akkumulieren. ...

Margo ist eine junge Journalistin, die bei einem nicht unbekannten Streaminganbieter ein superbes Praktikum angelt.

Ihre Aufgabe besteht darin, für eine Doku Material über den Circus Grenaldi zu akkumulieren.

Elio ist der Sohn des Direktors und Feuerakrobat. Er hat etwas Spezielles, jeunesse se quoi, und der Mesmerismus wirkt allmählich zwischen ihnen.

Sie stellt aber schon bald fest, dass unter der Oberfläche ein Mysterium brodelt.

Werden die beiden eine Chance haben oder kommt ihnen etwas dazwischen?

Plastisch beschrieben und emotional, mit sympathischen Protagonisten, kommt man gut in das Buch hinein.

Man muss den ersten Teil nicht kennen.

Der luftig-leichte Erzählstil überzeugt, ohne dass es aber banal würde.

Es ist wie ein warmes Bad, das duftet und einem immerzu Wohlbehagen beschert.

Danke, Tess Tjagvad!

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