Ein Sturm zieht auf: in 12 Tagen wird hier das Leben um den Hurricane Katrina geschildert, vor allem das Warten, die Vorbereitungen auf ihn, aber auch das Erleben und Überstehen des Sturmes. Dabei erhält der Leser Einblick in das Leben einer Familie am Rande der Gesellschaft - der verwitwete Vater, der stark an der Flasche hängt, drei Söhne und die fünfzehnjährige Tochter Esch, durch deren Perspektive dem Leser das Geschehen vermittelt wird. Esch ist ausgesprochen intelligent, hoffnungslos in ihrer Armut, hoffnungsvoll in ihrer Liebe zum anderweitig gebundenen, nicht viel älteren Manny - und von ihm schwanger.
Die Geschicke der Familie werden begleitet von denen der Hündin China und ihres zu Anfang des Buchs geborenen Nachwuchses - Lebensinhalt von Skeetah, einem von Eschs Brüdern - ein Strang, der die Handlung teilweise dominiert, ja beherrscht. Mir war eindeutig zu viel Hund in der inhaltlichen Entwicklung präsent, was meine Konzentration immer wieder schwächeln ließ - hier fiel es mir besonders schwer, am Ball zu bleiben.
Es braut sich so einiges zusammen in diesem Buch und so ist das stürmische Finale mit einigen Einschränkungen durchaus ein fulminantes, das für mich den Gesamteindruck vom Buch noch einmal ein wenig nach oben korrigierte... ohne dieses wäre mein Urteil um einiges negativer ausgefallen. Hier geht es um Sich-Finden, um Neuanfang, um Hoffnung - so lernt Esch, dass sie nicht - wie sie meinte, erkannt zu haben - keinen, sondern viele Väter für ihr Kind hat.
Dieses Buch strotzt nur so vor Symbolik, aber leider nicht vor (Aussagekraft). Zu umständlich die Sätze, zu fahrig und verstreut die Metaphern. Ersteres liegt ganz sicher an der Übersetzung von Ulrike Becker, die - soweit ich es beurteilen kann - dem Werk und den Ambitionen der jungen Autorin einfach nicht gerecht wird. Aussagen wie "Das Licht im Bad ist dick..." (S. 111) haben mir das Lesen teilweise doch recht schwer gemacht. Wobei ich auch sehr hohe Erwartungen hatte: ich habe vor einigen Jahren mit Begeisterung "Winters Knochen" von Daniel Woodrell gelesen, das in einer ähnlichen Umgebung unter vergleichbaren Bedingungen spielt und mich nachhaltig beeindruckt hat. Dem konnte dieses Buch aus meiner Sicht nicht im Entferntesten das Wasser reichen. Ich denke, als Verfilmung würde mir die Handlung wesentlich mehr zusagen. Dennoch gebe ich eine bedingte Leseempfehlung: an Rezipienten, die eine blumige, ausführliche - um nicht zu sagen, ausschweifende - Sprache lieben, sich von teilweise ungeschickten Übersetzungen nicht schrecken lassen - oder direkt zur Originalliteratur greifen. Natürlich auch an Liebhaber neuester amerikanischer Literatur mit einem Hang zu den Südstaaten.
Ich selbst werde die Autorin im Auge behalten, aber vorerst weiter zu Werken von Daniel Woodrell und anderen von mir geschätzten Autoren der neuen Welt greifen.