Cover-Bild Kein Ort für ein Zuhause
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24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Kampa Verlag
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 336
  • Ersterscheinung: 10.10.2024
  • ISBN: 9783311101406
JJ Bola

Kein Ort für ein Zuhause

Katharina Martl (Übersetzer)

Wenn man wie Jean aus dem Kongo nach England geflüchtet ist und auf eine neue Schule kommt, ist es nicht leicht, sich einzufügen. Ein Kumpel wie James ist dann das Beste, was einem passieren kann. James mag ein Rowdy sein, der Jean zu lauter Dummheiten anstiftet – Schlägereien, Diebstähle, solche Sachen –, aber seine Freundschaft verschafft Respekt, und den kann Jean mit seinem Akzent und den gefälschten Markenklamotten gut gebrauchen. Zu Hause machen seine Eltern ihm die Hölle heiß: Jean soll sich auf die Schule konzentrieren wie seine kleine Schwester. Normalerweise ist Marie Jean mehr als lästig, aber als er suspendiert wird, ist sie es, die ihm hilft, den Schulverweis geheim zu halten. Und ihre Eltern haben noch ganz andere Sorgen: die Ungewissheit, ob sie in England bleiben können, zum Beispiel, die viele Arbeit und dass das Geld trotzdem nie reicht. Und Tonton, ein Schürzenjäger und Tunichtgut, der bei ihnen eingezogen ist. Immerhin nimmt Tonton die Familie mit in seine Kirche, in die Gemeinschaft ihrer Landsleute, unter denen sie sich weniger alleine fühlen. Aber wird es je gelingen, in London ein Zuhause zu finden?

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Veröffentlicht am 27.10.2024

Verlust und Ankommen als Coming of Age Story

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In JJ Bolas "Kein Ort für ein Zuhause" steckt vermutlich ein ganzes Stück Autobiographie: Wie sein Protagonist Jean wurde er in Kinshasa geboren und wuchs in London auf. Der Originaltitel "No place to ...

In JJ Bolas "Kein Ort für ein Zuhause" steckt vermutlich ein ganzes Stück Autobiographie: Wie sein Protagonist Jean wurde er in Kinshasa geboren und wuchs in London auf. Der Originaltitel "No place to call home" drückt noch deutlicher die Verlorenheit der Familie aus, die versucht, sich mit unsicherem Rechtsstatus ein Zuhause aufzubauen und eine Identität in der Fremde zu finden.

Bola erzählt einerseits die Coming of Age Geschichte des 16-jährigen Jean, andererseits aber auch die Geschichte von dessen Eltern, die für das Band zur alten Heimat und der Verhältnisse dort stehen. Jean und seine jüngere Schwester Marie stehen für die Hoffnung auf eine bessere Zukunft: Der Vater, der in Belgien Medizin studierte, arbeitet zwei Jobs als Sicherheitsmann und Reinigungskraft, die Mutter, die einst ein gehobenes Lyzeum in Kinshasa besuchte, als Hilfskraft in der Cafeteria von Maries Schule. Die Kinder sollen lernen, Leistung zeigen, erfolgreich sein, sie sollen es schaffen im neuen Land.

Diesen Druck spüren viele Kinder aus Einwandererfamilien, die erst noch ankommen. Erst spät erfahren Jean und Marie, dass die Eltern nicht einfach nur Einwanderer sind. Sie sind Flüchtlinge, haben keine Pässe, leben in ständiger Angst vor Ausweisung und sind daher geradezu überangepasst vor Angst, (negativ) aufzufallen.

Einen genauen Hintergrund gibt Bola nicht, aber ich vermute, die Geschichte spielt während der Mobutu-Herrschaft, als die Demokratische Republik Kongo den Namen Zaire trug. Die Andeutungen von Plünderungen und Gewalt auf den Straßen, von den Zuständen in den Gefängnissen, von sexueller Gewalt sind in dem Land ja leider nicht auf eine Ära beschränkt.

Insofern steht die Familiengeschichte zugleich für die große Geschichte von Verlust und Ankommen, von der kleinen Heimat in der Diaspora, in diesem Fall eine kongolesische Kirchengemeinde. Während die Eltern die enge Verbindung zur alten Heimat spüren, erlebt Jean das Schweben zwischen zwei Welten - an der Schule hat er das Gefühl, sich als afrikanischer Junge doppelt beweisen zu müssen und besonders gesehen zu werden. Während seine Schwester und er vor allem für die Mutter aus dem Englischen übersetzen, schwindet seine Muttersprache Lingala immer mehr aus seinem Bewusstsein.

Bola schreibt ohne Sentimentalität oder übertriebene Gefühligkeit, vieles ist tragikomisch, überwiegend aus der Sicht Jeans geschildert, der die meiste Zeit vor allem ein ganz normaler Teenager sein möchte. Der Epilog bringt am deutlichsten zur Sprache, was die Existenz von Flüchtlingen von anderen Migranten und jenen unterscheidet, die nie ihr Zuhause unfreiwillig verlassen mussten: "Wenn du Glück hast, wird Zuhause für dich nie etwas sein, woran dich die Tränen deiner Mutter oder die vor Wut bebende Stimme deines Vaters erinnern.... Zuhause sollte dich niemals brechen, so dass du nie vollständig bist, wohin du auch gehst, eine Hälfte immer dort, wo du sie zurückgelassen hast, und die andere nicht willkommen, wohin du auch gehst. Du bist ein gespaltenes Pendel, beide Hälften in der Luft."

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