Cover-Bild Inhalt: Äußerst bedenklich
9,95
inkl. MwSt
  • Verlag: Verlag Tasten & Typen
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 144
  • Ersterscheinung: 03.11.2017
  • ISBN: 9783945605264
Johanna Marie Jakob

Inhalt: Äußerst bedenklich

Die Großmutter ist eine Schmugglerin. Ihre Enkelin hat eine Freundin, die einen Totenkopf besitzt. Einen echten. Die Postfrau weiß, dass weihnachtliche Pakete Charakter haben und der Fleischer will nicht immer nur Fett essen.
Aus dem Blickwinkel der kleinen dörflichen Welt erzählen die Geschichten leise und genau: Vom Blick eines Kindes in den Schrank des katholischen Pfarrers, vom Erinnern der Verkäuferin aus dem Konsum, die einmal im Intershop gearbeitet hatte. Oder dem Tankwart, der auf Ablösung wartet. Und zwischen allen ein zotteliger gelber Hund. Irgendetwas stimmt nicht mit seinem Ohr.
Geschichten wie Mosaiksteine aus den achtziger Jahren in der DDR. Vor und nach der Wende. Keine Sentimentalität, ein präzises Erzählen zwischen Gegenwart und Vergangenem. Historisch für die einen und wahrhaftig für die anderen. Lebensbilder aus einem ausklingenden Land.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.12.2017

Erinnerungen an eine vergangene Zeit

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„...Doch die Erinnerungen lassen sich nicht verschieben, sie drängen hervor wie die Kinder aus der Schultür, nachdem es zum Unterrichtsende geklingelt hat...“

Erinnerungen sind es, die den Inhalt des ...

„...Doch die Erinnerungen lassen sich nicht verschieben, sie drängen hervor wie die Kinder aus der Schultür, nachdem es zum Unterrichtsende geklingelt hat...“

Erinnerungen sind es, die den Inhalt des Buches bilden. Es sind Episoden einer Zeitenwende, aufgeteilt in zwei Teile. Der erste Teil umfasst 16 Kurzgeschichten und spielt vor 1989. Der zweite Teil beginnt zur Zeit der Grenzöffnung und enthält 9 Erzählungen.
Jede Erzählung spiegelt ein Stück Geschichte und gleichzeitig ein Stück persönlicher Erfahrung wider.
Der Schriftstil ist abwechslungsreich und passt sich den handelnden Personen an. Das Besondere des Buches ist, das die Person des Erzählenden von Geschichte zu Geschichte wechselt.
Da sind die Großeltern, die bei der Rückkehr aus dem Westen an der Grenzkontrolle zittern, denn sie wissen, dass sie einiges bei sich haben, was nicht eingeführt werden darf. Und trotzdem probieren sie es bei jeder Reise wieder.
Und dann gibt den Nachbar Klaus. Er ist in der Lage, Konverter für die Programme des Westfernsehens exakt einzubauen. Die Bezahlung ist vielfältig. Mal ist es Mangelware, die nicht jeder bekommt, mal sind es Westmark.
Die Kusinen aus dem Westen sind zu Besuch. In jeder Zeile spürt man, dass sie Besseres gewohnt sind, als das, was ihnen hier in der DDR geboten wird.
Ein Lehrer legt seine Erfahrungen mit Kollegen und Schülern dar. Auch unter den Schülern kursieren die Mitbringsel aus dem Westen, seien es Poster oder Zeitschriften. Ob der Vater ein hohes Tier in der Politik ist, interessiert Sohn und Tochter nicht.
Eine Verkäuferin erlebt den Wechsel vom Intershop in den örtliche Konsum. Das hat auch seine Vorteile, vor allem, wenn es in der Weihnachtszeit die knappen Südfrüchte gibt.
Im zweiten Teil ändert sich der Schriftstil. Hier überwiegt zuerst Begeisterung. Jetzt kann man fahren, wohin man will und kaufen, was man gern hätte. Doch es deuten sich schon die ersten Schattenseiten an. Der Pastor steht vor leeren Kirchenbänken. Der Tankwart muss sehen, wie lange das Gemisch langt.
Mal auf ernste, mal auf humorvolle Weise werden kurze Details aus dem DDR-Alltag gegenwärtig. Die Darstellung ist realistisch, weder beschönigend noch abwertend. Die Autorin versteht es gekonnt, den Punkt auf manche Wunde zu legen. Was in der Öffentlichkeit gelebt wurde und was hinter der Wohnungstür passierte, waren oft zwei Welten, vor allem wenn es Westkontakte gab. Wer das nicht getrennt hat, bekam Probleme.
Ein Glossar, ein Inhaltsverzeichnis und ein kurzer Lebenslauf der Autorin ergänzen das Buch.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.