Das Buch steigert sich von Seite zu Seite
Lange stand die „Fassadendiebe“ von John Freeman Gill auf meiner Wunschliste. Dementsprechend groß waren auch meine Erwartungen. Und was soll ich sagen? Ich denke, ein „lachendes und ein weinendes Auge“ ...
Lange stand die „Fassadendiebe“ von John Freeman Gill auf meiner Wunschliste. Dementsprechend groß waren auch meine Erwartungen. Und was soll ich sagen? Ich denke, ein „lachendes und ein weinendes Auge“ fasst es ganz gut zusammen. Faszinierend fand ich vor allem die Thematik des Buches: Weil der Vater des Protagonisten architektonische Juwelen des alten New York vor dem möglichen Abriss oder der Modernisierung retten will, wird er zum Kriminellen und lässt die Grenzen zwischen Richtig und Falsch und Leidenschaft und Wahn verschwimmen. Den Hauptcharakter des Buches, ein 13-jähriger Junge, treibt ein ganz anderes Motiv zur Mittäterschaft an: er sehnt sich aus tiefstem Herzen nach der Aufmerksamkeit seines Vaters. Dieser Vater-Sohn-Konflikt zieht sich als roter Faden durch das Buch. Ebenso die Liebe zur Architektur und zu New York, die der Autor an vielen Stellen auf fast poetische Weise zum Ausdruck bringt. Der heimliche Hauptdarsteller ist die Stadt an sich.
Nicht gefallen haben mir dagegen die Längen, die das Buch vor allem in der ersten Hälfte hat und die die Aufmerksamkeit immer mal wieder abschweifen ließen. Das änderte sich später aber. ‚Genial oder haarsträubend?‘, stellte sich mir die Frage an den Stellen, in denen der Vater auf Beutezug geht. Er „rettet“ (natürlich illegal) Wasserspeier und Co. aus Angst, dass diese für alle Zeit für die New Yorker verloren gehen könnten. Genau genommen ist er es aber, der ihren Glanz zerstört, indem er sie klaut und so ihrer wahren Bestimmung beraubt. Eine Widersprüchlichkeit, die ein unermessliches Ende nimmt.