Ein raffiniertes Verbrechen
„Vermisst“ von Joseph Lemark ist bereits der fünfte Band der Kriminalroman-Reihe mit dem ehemaligen Kriminalbeamten Major Josef Vierziger alias Giuseppe Quaranta als Zentralfigur, und der zweite, der in ...
„Vermisst“ von Joseph Lemark ist bereits der fünfte Band der Kriminalroman-Reihe mit dem ehemaligen Kriminalbeamten Major Josef Vierziger alias Giuseppe Quaranta als Zentralfigur, und der zweite, der in Apulien spielt. Ein rätselhafter Fall mit überraschenden Wendungen und fühlbarem Italien-Flair.
Inhalt gemäß Klappentext:
Die erfolgreiche, aber für ihre fragwürdigen Verteidigungsmethoden berüchtigte Anwältin Rosaria Maci verschwindet spurlos. Ist ein bizarres Liebesspiel aus dem Ruder gelaufen? Hat sich einer ihrer Prozessgegner gerächt? Ist sie der apulischen Baumafia in die Quere gekommen? Oder war am Ende alles ganz anders? Josef Vierziger macht sich auf die Suche nach der Dottoressa Maci und stößt auf Abgründe.
Der Schreibstil ist flüssig. Die Kapitel sind angenehm kurz, ohne Orts- oder Zeitangaben. Der Krimi erschien 2022 und spielt in der Gegenwart, Corona wird lediglich ein-, zweimal kurz erwähnt. Der Roman ist ohne Kenntnis der Vorgängerbände problemlos verständlich.
Das italienische Ambiente macht neben dem sympathischen Protagonisten den Reiz dieser Serie aus. Die bildhaften, stimmungsvollen Schilderungen von Vierzigers Spaziergängen im Umland, seiner Markteinkäufe oder Besuche im Stammcafé, nicht zuletzt auch seiner Kochkünste, erzeugen ein gewisses Wohlfühlklima und auch Sehnsucht nach Italiens Lebensart. Und die Lektüre macht Appetit auf südländische Köstlichkeiten. Die zahlreichen italienischen Ausdrücke und kurzen Sätze unterstreichen dieses Gefühl – und im Glossar finden
sich im Übrigen die Übersetzungen hierzu.
Eigentlich würde Vierziger sein geruhsames Leben vorziehen, doch wenn er in einen interessanten Fall involviert wird, recherchiert er mit voller Energie und manövriert sich immer wieder in gefährliche Situationen. Der Fall erweist sich als komplexer als anfangs vermutet. Die verschwundene Anwältin hatte sich nicht nur bei diversen Prozessen Feinde gemacht, sondern führte auch ein umtriebiges Liebesleben. Vierziger sieht sich mit zahlreichen Verdächtigen und Motiven konfrontiert und verfolgt etliche Spuren. Als Leser kann man ausgezeichnet mit rätseln und die Spannung bleibt am Köcheln. Immer wenn man meint, den Täter entlarvt zu haben, dann gibt es erstaunliche neue Erkenntnisse, unerwartete Wendungen. Bis zuletzt die sprichwörtliche Bombe platzt und der Fall sich völlig überraschend klärt.
Nicht nur Vierzigers Wesen ist ausführlich charakterisiert, seine ruhige, zielführende Art der Recherche, seine Fähigkeit mit allen Sinnen zu genießen – ob es nun gutes Essen oder ein Spaziergang ans Meer ist, wo er alle Eindrücke in sich aufsaugt, sondern auch sämtliche Personen, die er im Zuge seiner Ermittlungen kontaktiert, wirken authentisch und lebendig.
Mit „Vermisst“ ist Joseph Lemark neuerlich ein packender Krimi mit einer einerseits beschaulichen Sichtweise auf Italien, abseits vom reinen Sonne-Meer-Urlaubsfeeling, gelungen, wo andererseits aber auch die in Italien allseits präsenten kriminellen Machenschaften der Mafia durchschimmern. Ich habe mit dem Buch erquickende Lesestunden verbracht und freue mich schon auf die Fortsetzung.