Spitzer Humor und wichtige Themen, aber ich fand es nur durchschnittlich gut
Jovana Reisinger begleitet in "Spitzenreiterinnen" mehrere Frauen, die sie nach typischen "Frauenzeitschriften" benennt. Dabei bearbeitet sie sehr wichtige Themen wie Abhängigkeit in der Ehe/Beziehung, ...
Jovana Reisinger begleitet in "Spitzenreiterinnen" mehrere Frauen, die sie nach typischen "Frauenzeitschriften" benennt. Dabei bearbeitet sie sehr wichtige Themen wie Abhängigkeit in der Ehe/Beziehung, Einsamkeit und Konkurrenzdruck. Für andere Themen hätte ich mir ausdrücklich eine Inhaltswarnung gewünscht, zumal sie schon wirklich recht explizit behandelt werden (CN: häusliche Gewalt, Fehlgeburt).
Ich bin hin- und hergerissen in meiner Bewertung. Das Buch ist kurz gehalten, bei einem deutlich höheren Seitenumfang hätte ich wahrscheinlich nicht durchgehalten. Denn so spannend die Themen auch sind, die Figurenzeichnung und der verwendete Ton sind schon Gewöhnungssache. Sarkastische Texte mag ich durchaus, hier war es mir an einigen Stellen etwas zu viel bzw. konnte ich die Figuren dadurch nicht wirklich in der Tiefe greifen. Andererseits wurde durch die sarkastische und überspitzte Darstellung der Gedanken in meinen Augen sehr gut herausgestellt, wie absurd ein Leben im Patriarchat sein kann und wie unbegreiflich manche Schutzmechanismen von Betroffenen sind (ohne das kritisieren zu wollen).
Die jeweiligen Enden der Geschichten sind eher offen, das mag ich schlicht nicht so. Allerdings: Feministischer Fortschritt ist auch noch nicht an seinem Ziel angelangt, von daher halte ich es für ein sinnvoll gewähltes Stilmittel. Ich mochte, dass die Figuren um verschiedene Ecken miteinander in Verbindung standen und dass die Männer nie namentlich genannt werden, hätte mir aber eine stärkere Solidarität unter den Frauen gewünscht.
Wer kein Problem mit Sarkasmus hat und etwas Kurzweiliges sucht, bei dem mensch trotzdem ab und zu um die Ecke denken muss, kann dem Buch ruhig eine Chance geben.