Wie ein Senior sich mit modernem Zeitgeist und Technik anfreundet
Ehrlich gesagt bin ich anfangs ein wenig skeptisch an das Buch herangegangen. Wenn man das Coverbild betrachtet, gewinnt man schnell den Eindruck, es ginge hier um einen mürrischen alten Mann, der nicht ...
Ehrlich gesagt bin ich anfangs ein wenig skeptisch an das Buch herangegangen. Wenn man das Coverbild betrachtet, gewinnt man schnell den Eindruck, es ginge hier um einen mürrischen alten Mann, der nicht mehr mit der modernen Welt zurecht kommt. Hermann, der 79-jährige Ich-Erzähler, war Gymnasiallehrer. Er wirkt nicht ganz glücklich, weil ihm die Technik quasi davonläuft und er mit dem Fortschritt in vielen Bereichen überfordert ist. Vor allem die digitale Welt macht ihm Probleme. Aber er ist weder mürrisch noch verbittert, sondern durchaus aufgeschlossen. Als er die Schülerin Romy kennenlernt, stellen die beiden schnell fest, dass sie sich gegenseitig helfen können. Hermann gibt ihr Französisch-Nachhilfe, im Gegenzug bringt sie ihm die Grundlagen in Sachen Computer, Internet & Co. bei, für beide eine Win-Win-Situation (schon wieder so ein neumodischer Begriff, über den sich Hermann wundert). Auch wenn es ihm anfangs nicht leicht fällt, lernt Hermann viel Neues. Er ist ein gelehriger Schüler, und während Romys Französischkenntnisse immer besser werden, macht auch Hermann in der digitalen Welt Fortschritte und findet zunehmend Freude daran, denn er stellt immer wieder fest, dass ein Computer oder ein Handy auch für seine Altersgruppe große Vorteile bietet, die er vorher gar nicht für möglich gehalten hatte. Es geht in der Geschichte aber nicht nur um die digitale Welt, sondern es werden auch andere Phänomene unserer Zeit angesprochen. Im regen Austausch mit seiner Familie, mit Freunden und nicht zuletzt auch mit Romy diskutiert er über die Vor- und Nachteile von Onlineshopping, KI, modernen Autos mit Touchscreen, eBook-Readern oder dem Bahnfahren, dem ja unweigerlich der Fahrkartenkauf am Automaten oder online vorangeht. Auch kommt das Gendern zur Sprache, ebenso wie gutes Benehmen in der heutigen Zeit und vieles mehr.
Das Buch liest sich leicht und amüsant. Hermanns Gedanken und Bedenken zu den Themen unserer Zeit konnte ich zum Teil gut nachvollziehen. Einiges davon ist nicht nur für alte Menschen irritierend. Ich habe mich auch mit meiner Tochter über das Buch ausgetauscht, und da kam eine Sache zur Sprache, die auch mich extrem nervt, obwohl ich noch einige Jahre jünger bin als Hermann. Und meine Tochter meinte, es ginge ihr dabei genauso, und sie ist erst 32! Es ging dabei um moderne Filme. Bei manchen Szenen, wenn sich die Akteure unterhalten, versteht man kaum ein Wort und muss lauter schalten. Kommt dann eine Passage mit Musik, bläst es einem fast das Trommelfell weg, so laut ist diese. Dieses Phänomen erfahre ich auch immer wieder bei Instagram. Klickt man sich da durch die Storys, artet das oft in ein stetiges Rauf- und Runterregeln der Lautstärke aus. Ebenso ist es häufig mit der Beleuchtung bei Filmen, wenn beispielsweise eine Szene bei Nacht gedreht wird und man plötzlich nur noch Dunkelheit auf dem Bildschirm sieht, untermalt von irgendwelchen (Kampf-)Geräuschen, die nur erahnen lassen, was da gerade vor sich geht.
Für mich habe ich festgestellt, dass ich in manchen Punkten durchaus die Ansicht von Hermann teile. Darüber hinaus finde ich es gut, sich auch mit dem Problemen Älterer zu beschäftigen, was gegenseitiges Verständnis fördert. Sehr schön finde ich in dieser Geschichte die Zusammenarbeit von Romy und Hermann, die sich gegenseitig unterstützen, obwohl sie altersmäßig ca. sechzig Jahre trennen. Mir hat das Buch gut gefallen, denn es setzt sich kritisch mit aktuellen Themen auseinander, jedoch nicht ohne eine gute Portion Humor, die immer mitschwingt. Ich finde dieses Büchlein für alle Generationen lesenswert.