Leise begeistert
Das Cover von "Covent Garden im Schnee" erinnert mich sehr an einige Weihnachtsromane von Karen Swan, die sehr ähnlich gestaltet sind. Inhaltlich hingegen unterscheiden sich die Romane allerdings. Während ...
Das Cover von "Covent Garden im Schnee" erinnert mich sehr an einige Weihnachtsromane von Karen Swan, die sehr ähnlich gestaltet sind. Inhaltlich hingegen unterscheiden sich die Romane allerdings. Während Karen Swan meistens über Protagonisten schreibt, die sich in Designerläden heimisch fühlen, schreibt Jules Wake über ganz normale bodenständige Leute.
Für Marcus Walker, den neuen IT-Leiter der fiktiven London Metropolitan Opera Company, sind die Opernangestellten allerdings ein nerdiges, systemloses und beklopptes Völkchen, denen man erst mal Ordnung und Computerbedienung beibringen muss.
Als Maskenbildnerin Tilly einen ominösen Mailanhang öffnet und einen Virus einfängt, weiss er, wo er beginnen muss. Tilly ist nicht begeistert von ihren gemeinsamen IT-Lektionen, aber es ist ihre einzige Chance auf eine Beförderung, bzw. endlich einen unbefristeten Vertrag zu bekommen. Doch bald schon knistert es gewaltig, wenn sie Marcus sieht. Ob das nur ist, weil ihre Beziehung zu Felix so langweilig ist?
Während Tilly um ihren Job bangt, sich über Felix und auch Marcus den Kopf zerbricht, mit ihrer Schwester Weihnachten ohne Eltern planen soll und was sonst noch so täglich alles auf sie einprasselt, beginnt sie mit einem wildfremden Mann zu mailen, im Wissen, dass das sicher nicht im Sinne der IT ist. Doch es macht ihr Spass, die Mails sind Lichtblicke in ihrem gerade nicht angenehmen Alltag.
Die Leser ahnen schon bald, was hinter diesen Mails steckt und auch weswegen Felix kaum Zeit für Tilly hat. Das erhöht die Spannung in diesem witzigen und leichten Roman von Jules Wake. Sie hat schon einige Romane geschrieben, doch dies ist der erste, der ins Deutsche übersetzt wurde. Ich hoffe, dass bald noch weitere übersetzt werden, denn ich mag es sehr, wenn die Oper- und Musikwelt - mit allem was dazu gehört - in Romanen eine zentrale Rolle spielt.
Natürlich ist "Covent Garden im Schnee" in erster Linie ein gefälliger Liebesroman, er bietet aber noch so viel mehr. Anfangs dachte ich noch, ja nett, aber mehr wohl nicht. Doch dann kommt einiges mehr ins Spiel und plötzlich weiss man, dass die Story total schön erzählt ist und nicht nur Liebe, sondern auch Themen wie Freundschaft, Familienannäherung und Leidenschaft für die (handwerkliche) Arbeit bereit hält.
Die Szenen in der Oper, angefangen bei all den Perücken und Gesprächen mit Jeanie in Tillys Abteilung, über die Backstage-Beschreibungen, bis zu den gemeinsamen Essen mit Schwester Christelle und Tillys Aufenthalt zuhause sind mit viel Fingerspitzengefühl geschrieben.
Tillys Geschichte ist witzig, sie fliegt dem Leser leicht und locker wie eine Schneeflocke entgegen und ist somit die perfekte Lektüre für einige gemütliche Leseabende in der Vorweihnachtszeit.
Fazit: "Covent Garden im Schnee" hat mich positiv überrascht und leise begeistert.
5 Punkte.