Bedrückende Familiengeschichte
Henning verbringt gemeinsam mit seiner Familie den Jahreswechsel im Urlaub auf Lanzarote. Als er am Neujahrsmorgen eine Fahrradtour unternimmt, führt er sich voller Unmut seine Familiensituation vor Augen. ...
Henning verbringt gemeinsam mit seiner Familie den Jahreswechsel im Urlaub auf Lanzarote. Als er am Neujahrsmorgen eine Fahrradtour unternimmt, führt er sich voller Unmut seine Familiensituation vor Augen. Seit Jahren leidet er unter Panikattacken, die seine Frau nicht mehr ernst nimmt. Sie tanzt lieber mit einem Franzosen beim Silvesteressen. Henning fühlt sich überfordert, als Ehemann, Vater, großer Bruder und Geldverdiener. Seine Schwester Luna ist seiner Frau ein Dorn im Auge, da sie ihren freien Lebensstil nicht gutheißt. Henning schleppt sich schlecht vorbereitet und gänzlich erschöpft den Berg hinauf. Oben angekommen hilft ihm eine freundliche Dame, die ein abgelegenes Häuschen in Femés bewohnt in dem Henning bereits als kleines Kind mit seinen Eltern und Luna war. Es beginnt ein sehr bedrückender und schmerzhafter Rückblick in die Kindheit von Henning, eine Zeit die dieser erfolgreich verdrängt hatte.
Der Roman beschäftigt auf vielen Ebenen mit Hennings Gefühlen. Am Schluss fügt sich vieles jedoch wie ein Puzzle zusammen. Henning leidet unter den Panikattacken seit der Geburt seiner Tochter, welche er nun vielleicht genauso gut beschützen möchte, wie er es für Luna tut. Er muss stets auf sie aufpassen und steigert sich dort gegebenenfalls auf Grund der Verdrängung seiner Vergangenheit zu sehr hinein, so dass er in Panik gerät. Mir gefällt, dass der Roman so vielschichtig ist und nichts ohne Grund erwähnt wird. Dennoch schafft es Juli Zeh nicht mich mit ihrer Geschichte zu fesseln und besonders die erste Hälfte des Buches war für mich sehr anstrengend zu lesen, so dass Hennings eigene Motivation weiter zu radeln für mich zu einer Metapher wurde weiter zu lesen „Erster-Erster“. Dies liegt vor allem an der negativen Einstellung von Henning, in nichts etwas Positives zu sehen und sich selbst auch nicht dafür einzusetzen, dass sich etwas an seiner Situation ändert. Daher bleibt mir sein Charakter leider sehr unsympathisch. Der Rückblick auf Henning und Luna hat mich emotional jedoch sehr ergriffen. Auch die Beschreibungen aus der Sichtweise eines Kindes empfand ich als sehr gelungen. Die darauf folgenden Reaktionen des Erwachsenen Hennings haben sich mir jedoch nur teilweise erschlossen, ebenso wie das jahrelange Verhalten seiner Mutter, so dass viele Fragen ungeklärt bleiben. Da das Gesamtkonzept für mich nicht ganz schlüssig ist kann ich dem Buch nur 3/5 Sternen geben.