In den Medien werden Frauenmorde als Beziehungstaten oder Familientragödien bezeichnet. Doch es sind Femizide (vom engl. Femicide, abgeleitet von Homicide; zu dt. Mord), und sie sind ein gesellschaftliches Problem, für das die Autorinnen mit diesem Buch mehr Sichtbarkeit schaffen. Es handelt sich um strukturelle Gewaltverbrechen, bei denen nur Mädchen und Frauen aufgrund männlichen Dominanzverhaltens sterben, das ihnen nach dem Ende einer Beziehung kein eigenes und selbstbestimmtes Leben zugestehen will. Julia Cruschwitz und Carolin Haentjes haben für die Recherche dieses Buches Sozialarbeiter:innen, Wissenschaftler:innen, Kriminolog:innen, Anwält:innen, Zeug:innen, Angehörige und Überlebende hinzugezogen.
Jeden zweiten Tag versucht in Deutschland ein (Ex-)Partner eine Frau zu töten. Jeden dritten Tag gelingt dies. Die Fälle, die Haentjes und Cruschwitz in diesem Buch besprechen, quetschen einem das Herz unerträglich schmerzhaft zusammen. Thematisiert werden nebst dieser Fälle auch die Schwierigkeiten, die Frauen (und ganz besonders Müttern) auf ihrem Weg einer Trennung gemacht werden, wie z.B. permanente Unterfinanzierung von Frauenhäusern, unzureichende Opferentschädigung oder die Unvereinbarkeit von Gewaltschutz und Umgangsrecht. Diverse Organisationen fordern ein neues Bewusstsein bei den Behörden für die Dynamik häuslicher Gewalt und mehr Prävention wie Täterarbeit oder Hochrisikomanagement, bei dem verschiedene Behörden zum Wohle der Frauen zusammenarbeiten.
Dieses Sachbuch ist schwer zu verdauen, und es ist nie leicht eine Rezension zu solch einem Buch zu schreiben. Dennoch will ich den Versuch wagen.
Als genannt wurde, dass fast ausschließlich etablierte Partnerschaften betroffen sind und für 39 % aller Täter das Tötungsdelikt die erste Gewalthandlung überhaupt ist, war klar, dass prinzipiell jede Frau betroffen sein kann. Es sind in den wenigsten Fällen Fremde, sondern die einem am nächsten stehende Person, die zum schlimmsten Feind werden kann. Natürlich steckt nicht in jedem Mann, in jedem Partner ein schlummernder Mörder, dennoch wird klar, dass man als Frau nie so gefährlich lebt wie in einer Partnerschaft. Femizide werden nicht jede betreffen (zum Glück), und dennoch ist es wichtig ein so gesamtgesellschaftliches Problem sichtbar zu machen. Femizide sind keine Privatangelegenheit von Ehemenschen, sondern ein Politikum.