Lesenswert!
Zwanzig Jahre führt Ella nun schon die Familien-Buchhandlung in Frankfurt weiter. Ihre Schwester Luise zog sie ebenfalls groß und stellte ihr eigenes Leben an die dritte Stelle. Luise ist fast volljährig ...
Zwanzig Jahre führt Ella nun schon die Familien-Buchhandlung in Frankfurt weiter. Ihre Schwester Luise zog sie ebenfalls groß und stellte ihr eigenes Leben an die dritte Stelle. Luise ist fast volljährig und aufmüpfig.
1965 kommt eine moderne Mode auf. Chic, statt miefiges Design, und die Studentenproteste kommen auf. Man geht ins Kino, erfreut sich am „Schatz im Silbersee“ und genießt andere Freiheiten als vorher. Auch Parallelen zur Gegenwart finden sich. Jüngere lehnen sich gegen das Althergebrachte auf, wollen mehr und vielfach beschleicht mich beim Lesen der Gedanke: protestieren und Wut entfachen, um zu protestieren. Gerade Luise, die eigentlich in der Lehre zur Buchhändlerin steckt, diese aber irgendwann hinwirft, um zu studieren, gerät in die Vorbereitung der Proteste hinein. Sie schmachtet einen der Protestierer an, will unbedingt in dessen Clique und merkt dabei, was ihr eigentlich wichtig ist. Werte gehören dazu, klar, und noch einiges andere. Bis dahin bekommt man viel von beiden Seiten mit. Derjenigen, die sich gegen alles und jeden auflehnen und diejenigen, die ihre Existenz sichern wollen. Aber auch Menschen, die das Dritte Reich gut fanden und von denen sich die meisten abwenden. Doch, die alten Nazis kommen hier vor.
Julia Kröhn beschönigt nichts, sie flechtet verschiedene Ansichten hinein in ihre Geschichte. Man kann sich ein eigenes Bild machen, von den Sechziger Jahren. Es ist ein anregender Roman, der durchaus aneckt. Nicht alle Wendungen lesen sich angenehm, passen jedoch sehr gut hinein. Die Spannungshöhepunkte sind gut gesetzt und die Geschichte ist sehr fein aufgesetzt. Die Figuren passen zu ihrer Zeit, es kann irgendwie gar nicht anders sein. Lesenswert!