Mathilda und Arvid
Die Normandie im Jahr 936: Mathilda hat beinahe ihr ganzes Leben im Kloster Saint-Ambrose verbracht. Sie war als Kleinkind dort abgegeben worden und hat Fragen danach, woher sie kommt und wer ihre Eltern ...
Die Normandie im Jahr 936: Mathilda hat beinahe ihr ganzes Leben im Kloster Saint-Ambrose verbracht. Sie war als Kleinkind dort abgegeben worden und hat Fragen danach, woher sie kommt und wer ihre Eltern waren bisher immer als unwichtig abgetan. Nur in seltsamen Träumen wird sie manchmal mit Erinnerungsfetzen aus ihrer Vergangenheit konfrontiert.
Doch dann gerät ihre Welt von einer Minute auf die andere aus den Fugen. Eine Gruppe von Kriegern überfällt das Kloster und richtet ein Massaker unter den Nonnen an. Mathilde kann sich retten und vom Ort des Schreckens fliehen – zusammen mit Arvid, einem jungen Novizen, dessen Vergangenheit ebenfalls von dunklen Geheimnissen umrankt war. Erst vor kurzem hat er erfahren, dass er der Verwandte eines mächtigen Mannes ist, und dass dieser ihn am liebsten tot sehen würde.
Doch der Angriff auf das Kloster hatte nicht ihm, sondern Mathilda gegolten und die darauf folgenden Ereignisse werden sie letztlich zwingen, sich ihrer Herkunft zu stellen.
Ebenso müssen sich Mathilda und Arvid auch ihren Gefühlen füreinander stellen, denn obwohl ihre Wege sich häufig trennen, führt das Schicksal sie immer wieder zusammen.
Wie schon der Vorgängerroman „Tochter des Nordens“ spielt auch dieses Buch im Frühmittelalter, einer Epoche, die trotz ihrer großen Bedeutung für den weiteren Verlauf der Geschichte in historischen Romanen relativ selten behandelt wird.
Die Autorin zeichnet dabei ein eher düsteres, vermutlich aber auch realistisches Bild dieser Epoche, die Protagonisten müssen ständig um ihr Leben fürchten und sich in einer Welt zurecht finden, die von Kriegen und Überfällen, von enttäuschten Hoffnungen und tiefer Verzweiflung geprägt ist und in der viele Menschen darum ringen müssen, in einem Land, das von einem Gemisch verschiedener Völker bewohnt wird, ihre Identität zu finden.
Dazwischen gibt es aber doch immer wieder auch helle Momente, wo Liebe oder Freundschaft über die Dunkelheit triumphieren können.
Weiters wird durch das Rätsel um Mathildas Herkunft einige Spannung erzeugt, viele Andeutungen werden geschickt eingestreut, sodass man beim Lesen immer ein bisschen miträtseln kann.
Die handelnden Figuren sind mit viel psychologischem Einfühlungsvermögen und weitgehend ohne die üblichen Klischees gezeichnet, wobei die Autorin sich bei den historischen Persönlichkeiten aber ziemlich viel künstlerische Freiheit genommen haben dürfte.
Allerdings ist die Lektüre bisweilen etwas anstrengend, weil die Handlung ständig zwischen verschiedenen Schauplätzen im Frankenreich, der Normandie und der Bretagne hin- und herpendelt. Außerdem werden viele Zusammenhänge nur angedeutet, sodass man beim Lesen immer mitdenken und sich vieles selbst zusammenreimen muss.
Dennoch ein lesenswerter historischer Roman, der sich positiv vom üblichen Einheitsbrei dieses Genres abhebt.