Ein Buch, das einen beim Lesen mehr und mehr in seinen Bann zieht
Walter Nowak ist nur bedingt ein sympathischer Zeitgenosse. Julia Nowak bringt in ihrem Roman „Walter Nowak bleibt liegen“ eben diesen in eine sehr unangenehme Lage: er stürzt und bleibt erst einmal liegen. ...
Walter Nowak ist nur bedingt ein sympathischer Zeitgenosse. Julia Nowak bringt in ihrem Roman „Walter Nowak bleibt liegen“ eben diesen in eine sehr unangenehme Lage: er stürzt und bleibt erst einmal liegen. In dieser Situation lässt er nach und nach sein Leben rekapitulieren.
Vom Besuch im Schwimmbad weitet sich der Erzählbogen bis in die Kindheit hinein. Obwohl er als uneheliches Kind der Häme seiner Mitschüler ausgesetzt war, ist es eher die Gegenwart, die ihn an seine Grenzen bringt. Ist alles in Ordnung?, fragt ihn sein Sohn Felix. Der Leser hat allen Zweifel, dass dem so ist. Warum sonst liegt seit mehreren Tagen ein aufgetautes Wildschwein in der Küche?
Walter Nowak fantasiert, sieht Dinge, die es nicht gibt. Er wirkt wie in Trance. Liegt es an einer Krankheit oder am Knall mit dem Kopf gegen den Beckenrand im Schwimmbad? War nun eine Fledermaus im Bad oder ist das ein Hirngespinst Walters?
Dass der Roman als innerer Monolog verfasst ist, macht ihn an manchen Stellen mühevoll zu lesen, vor allem weil die Autorin sich an Anakoluthen sehr erfreut. Sätze. Wie abgebrochen. Angedachte, nicht zu Ende gedachte Sätze, Weggelassenes – all das gehört zu „Walter Nowak bleibt liegen„. Hinzu kommen Stichwort-Verknüpfungen quer durch die Zeiten. Vom eigenen Röntgenbild zum Ultraschallbild des Sohnes, vom Sohn zur Ärztin, von der Ärztin zur eigenen Mutter, von der Mutter vom Kindsein in der Nachkriegszeit und wieder zurück in die Gegenwart. Das ist einerseits sehr anstrengend zu lesen, auf der anderen Seite aber eben auch sehr reizvoll.
Denn ist es die Sprache, die dem Leser immer wieder deutlich macht: Wir wissen nichts über diesen Walter Nowak. Nichts, was wir nicht von ihm selbst erfahren. Ist Yvonne wirklich auf einer Tagung oder hat sie ihn verlassen? Was für eine Krankheit wurde bei ihm diagnostiziert? Das ist es, was dem Roman auch seine Kraft gibt. Man steht vor einem unzuverlässigen Erzähler, der zudem noch Schwierigkeiten hat, seinen Alltag zu leben. Doch was haben seine Aussetzer zu bedeuten? Wie kommt es, dass der 70-jährige Walter Nowak plötzlich so völlig hilflos darin ist, sein Leben zu leben?
Dass zuletzt die Beziehung zu seinem Sohn immer mehr in den Vordergrund rückt, gibt dem Buch gegen Ende zudem noch einmal einen neuen Drive.
„Walter Nowak bleibt liegen“ ist ein Buch, das einen beim Lesen mehr und mehr in seinen Bann zieht.