Der Titel ist Programm und für mich war und bleibt es der spannendste Teil der Reihe
Vor mehr als 15 Jahren habe ich die Grand County Reihe schon einmal als Printausgaben gelesen und war damals davon begeistert. Nun habe ich kürzlich einen Reread der Reihe gestartet, weil ich alle 6 Bücher ...
Vor mehr als 15 Jahren habe ich die Grand County Reihe schon einmal als Printausgaben gelesen und war damals davon begeistert. Nun habe ich kürzlich einen Reread der Reihe gestartet, weil ich alle 6 Bücher nun auch als eBooks auf meinem Kindle hatte. Die Printausgaben habe ich mittlerweile verschenkt. Inzwischen lese ich fast nur noch eBooks, weil man da die Schrift größer stellen kann und sie zuhause keinen Platz wegnehmen. Die ersten drei Teile habe ich günstig gekauft. Teil 4 bis 6 bekam ich kürzlich von NetGalley als Rezensionsexemplare.
Zerstört ist der 6. Teil der Grand County Reihe der 1971 geborenen und aus Atlanta (Georgia) stammenden US-Amerikanischen Thriller-Autorin Karin Slaugther. In den ersten fünf Teilen der Grant County Reihe; Reihenfolge: 1. Belladonna, 2. Vergiss mein nicht, 3. Dreh dich nicht um, 4. Schattenblume und 5. Gottlos; habe ich als Leserin mit großer Spannung die Aufklärung von Verbrechen verfolgt, die man in einem verschlafenen Nest wie Heartsdale so eigentlich gar nicht erwartet. Die Protagonisten und ihre Familien, die oft auch mit in Gefahr schwebten, wuchsen mir dabei regelrecht ans Herz.
Die Kinderärztin Dr. Sara Linton ist enttäuscht. Von Heartsdale, den Eltern ihrer Patienten und den Nachbarn. Die Eltern eines ihrer kleinen Patienten, der an Leukämie gestorben ist, haben einen Kunstfehlerprozess gegen sie ins Rollen gebracht. Sara ist sich selbst keines Fehlers in der Behandlung des Kindes bewusst. Doch allein die Tatsache, dass sie ihm nicht helfen konnte, dass ihm keiner helfen konnte, lässt sie sich trotzdem schuldig fühlen. Sie hat vor einer Woche ihre Klinik geschlossen, da ihr guter Ruf so oder so zerstört ist. Die Eltern des Jungen, den sie bis zum bitteren Ende begleitete, kennt Sara seit ihrer Schulzeit, sie hat sie sogar einmal als Freunde betrachtet. Jetzt geht es nur noch um Geld. Die Anwältin, die das Ehepaar engagiert hat, arbeitet mit allen Mitteln und holt dabei Begebenheiten aus Saras Leben hervor, die sie längst bewältigt glaubte. Glücklicherweise hat sie jedoch ihre Familie, die hinter ihr steht und vor allem ihren Mann, den Polizeichef Jeffrey Tolliver.
Als dieser einen Anruf des Sheriffs aus der Heimatstadt seiner Detective Lena Adams erhält, mit der Nachricht, dass Lena dort im Krankenhaus ist und unter Arrest steht, will er sich natürlich sofort auf den Weg nach Reese machen um ihr (wieder einmal) aus der Patsche zu helfen. Statt des Widerstandes, den er von seiner Frau Sara eigentlich erwartet hätte, begleitet sie ihn. Für Sara ist es eine willkommene Ablenkung von dem an ihren Nerven zerrenden Prozess, obwohl sie schon die Frage stellt: Was hat Lena jetzt schon wieder angestellt? In Reese angekommen, suchen sie zuerst das Krankenhaus auf. Nachdem sie ein älterer Polizist solange hinhielt, bis der scheinbar viel zu junge Sheriff kommt und ihnen berichtet, dass Lena bei einem grausigen Mordschauplatz aufgegriffen wurde und seitdem keinen Ton gesprochen hat, können sie endlich zu ihr. Lena reagiert auf ihren Anblick ungewohnt panisch und schickt sie weg. Sara will daraufhin mit Lena allein sprechen, lässt sich von ihr übertölpeln und verhilft ihr dabei ungewollt zur Flucht...
Die Geschichte spielt diesmal, im Gegensatz zu den Vorgängern, nur ganz kurz im Grant County. Die meiste Zeit halten sich die Protagonisten in der Stadt Reese auf, in der Lena aufgewachsen ist. Es beginnt, ohne dass der Leser über Ort und Zeit Bescheid weiß, mit einem grausamen Verbrechen, bei dem nur die beteiligte Lena die Verbindung zur eigentlichen Geschichte darstellt und ihre Rolle bleibt lange Zeit unklar. Dann teilt sich der Plot in zwei Handlungsstränge, für den verschiedene Zeitformen gewählt werden. Die Gegenwart für die Aufklärungsversuche von Sara und Jeffrey und die Vergangenheit für Lenas Erlebnisse einige Tage und Jahre zuvor. Später fließen beide Stränge dann natürlich zu einem zusammen.
Der Schreibstil der Autorin ist wie gewohnt flüssig und gut verständlich. Die Szenenwechsel zwischen den Handlungssträngen sind immer extrem gut gewählt, so, dass ich als Leserin von Dingen wie den Eindrücken und Meinungen von Sara und Jeffrey, der persönlichen Geschichte Lenas oder Grauen der Gesellschaft wie Rechtsradikalismus und Drogenproblematik, die ganze Zeit gefesselt war. Der Spannungsbogen baut sich dabei stetig auf, bis er sich dann in einem hochdramatischen ersten Finale in einem Sumpf aus Menschenverachtung und Korruption entlädt.
Doch damit nicht genug. Diesmal setzt Karin Slaugther noch eins drauf. So ließ die Autorin die Fans der Reihe dann mit einem Ende zurück, welches mir aus reinen Sympathiegründen mit den mir lieb gewordenen Protagonisten eigentlich total verstörte und damit letztendlich auch das Ende der Reihe, so wie sie einmal war, bedeutete. Aber trotz meiner persönlichen Einstellung dazu, fand ich schon damals und jetzt immer noch, dass sie dieses mit der nachfolgenden Georgia Reihe, bei der ich sicher auch irgendwann einen Reread machen werde, definitiv wieder gut gemacht hat. In meinem Freundes- und Bekanntenkreis sehen das zwar Manche anders, weil ihnen die Georgia Reihe zu brutal und düster ist, aber hier geht es ja um meine eigene Meinung.
Alles in allem empfinde ich Zerstört als einen Thriller, der diesem Namen wirklich gerecht wird. Ich vergebe erneut die Höchstpunktzahl und eine unbedingte Leseempfehlung an alle Thrillerfans. Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass für das gänzliche Verstehen aller Situationen die sich im Privatleben der Protagonisten abspielen, die Vorgänger der Reihe auch gelesen haben sollte. Obwohl mir Etliches, was ich in den Vorgängern bereits gelesen hatte noch mal kurz erklärt wurden (so, dass sie die Erinnerung daran weckten), würde ich jedem Neueinsteiger raten, die Reihe in der oben von mir erwähnten Reihenfolge zu lesen.