Großartige Einführung in eine fremde Welt
Die neunjährige Mynrichwy – Myn genannt – wächst wohlbehütet im singisischen Reich auf. Auch wenn die Gesellschaft stark patriarchalisch geprägt ist und Myn vorzugsweise die Dinge interessieren, die laut ...
Die neunjährige Mynrichwy – Myn genannt – wächst wohlbehütet im singisischen Reich auf. Auch wenn die Gesellschaft stark patriarchalisch geprägt ist und Myn vorzugsweise die Dinge interessieren, die laut den herrschenden gesellschaftlichen Konventionen nicht für Mädchen geeignet sind, so hat Myn erstaunlich viele Freiheiten und eignet sie sich mehr Wissen an, als es sich geziemt und lernt, über den eigenen Tellerrand hinauszublicken. Dabei wird sie besonders von ihrem Bruder Vairrynn unterstützt.
Eigentlich sollte sie als Adelstochter ein relativ sorgenfreies Leben vor sich haben, doch mit der überraschenden Wahl Asnuors zum Oberpriester beginnt sich ihre Welt zu wandeln. Asnuor ist machthungrig, intrigant und bald wird es für jene unangenehm, die anders denken als er oder die ihm im Wege stehen könnten. Auch die bereits stark eingeschränkten Rechte von Frauen hat er im Blick, denn seiner Auffassung nach genießen sie immer noch viel zu viele Freiheiten.
Myn erlebt die langsam einsetzenden Veränderungen in der Gesellschaft, die letztlich auch nicht vor ihrer Familie halt machen.
Adelsspross ist der erste Teil von Katharina Maiers Reihe „Die erste Tochter“. Geplant sind sieben Bände, doch das nur am Rande. Auch wenn der erste Band durchaus in erster Linie als Einführung in die von der Autorin erdachten Welt mit ihren Strukturen und Personen angesehen werden kann, so hat mich das Buch bereits nach wenigen Seiten begeistert. Schuld war zunächst weniger der Inhalt, als vielmehr die Sprache.
Katharina Maier schreibt wort- und bildgewaltig, findet wunderbare Beschreibungen und lässt Personen und Orte im Handumdrehen vor meinem inneren Auge erstehen. Es war für mich ein Leichtes, tief in Myns Welt einzutauchen. Das Weltengefüge ist komplex, dennoch hatte ich keine nennenswerten Schwierigkeiten mich zurechtzufinden. Das singisische Reich hat seine eigenen Mythen und Sagen, seine gesellschaftlichen Konventionen - und auch seine eigenen Namen. Diese mögen für den ein oder anderen Leser durchaus einige Stolpersteine bereithalten, da sie für uns sehr fremdartig klingen. Mynrichwy und Vairrynn sind nur zwei Beispiele. Auch wenn ich beim Lesen keine Schwierigkeiten mit den Namen hatte, bin ich dennoch froh, dass ich das Buch nicht laut vorlesen musste, sondern ganz allein für mich genießen konnte.
Das Buch hat natürlich zahlreiche phantastische Elemente, über Myns Heimatplaneten kreisen Raumschiffe, und dennoch neige ich dazu, das Buch vor allem auch als Gesellschaftsroman einzuordnen. Das ein oder andere kommt einem trotz der fremdartigen Einbettung erschreckend vertraut und bekannt vor…
Da es der erste Band einer Reihe ist, ist das Tempo eher verhalten, doch es war zu keiner Zeit langatmig oder gar langweilig. Auch ohne viel Action gelingt es Katharina Maier Spannung zu erzeugen und aufrecht zu erhalten.
Ich freue mich sehr auf die weiteren Bände und gebe Adelsspross von Herzen volle Punktzahl.