Cover-Bild Das ist eine Geschichte
19,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Aufbau
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 396
  • Ersterscheinung: 17.02.2014
  • ISBN: 9783351035631
Kathrin Gerlof

Das ist eine Geschichte

Roman
Ein Ort im Ausnahmezustand

Das ist eine unglaubliche und zugleich sehr deutsche Geschichte mit wahrem Hintergrund: Kaum ist die Mauer gefallen, wird ein ganzer Ort von der Vergangenheit eingeholt, und keine Gewissheit über Besitz und Recht, Gut und Böse gilt mehr.

Die kleine Salomon-Weinreb-Straße macht nach einem leichten Anstieg plötzlich eine Kehrtwende, als hätte sie es sich anders überlegt. „Wendehammer am Ende der Straße“ informiert ein Schild an der Einmündung. Die Siedlung ist auf unauffällige Art schön, man spürt die angenehme Nachbarschaft, ein entschleunigtes Leben.
Seit jedoch eine jüdische Erbengemeinschaft auf alle Grundstücke Restitution angemeldet hat, heißt es, hier werde den Leuten im Wortsinn der Boden unter den Füßen entzogen. Jeder, der eines der schlichten Häuschen besitzt, muss sich der Frage von Schuld oder Mitschuld stellen. Bilder der tot geglaubten Juden werden entworfen und Geschichten konstruiert, die zum eigenen Leben passen. So wird die Erzählung von den Folgen einer Rückforderung zur Leinwand für das lebendige Porträt einer Nachbarschaft, die ihre Sicherheit und Homogenität verliert, weil man eine moralische Lösung nur suchen, aber nicht finden kann.

»Sätze wie Stromschläge, Worte, die auf Erinnerungslücken einhämmern. Mit wahrhaft magischer Lakonie erzählt Gerlof diese Geschichte.« Berliner Zeitung (zu „Alle Zeit“)

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.08.2017

Ein Puzzle deutscher Geschichte

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Ein Puzzle deutscher Geschichte

Inhalt:
Warenberg, ein kleiner Ort in der ehemaligen DDR nach der Wende. Viele Einwohner hatten ihr kleines Häuschen gekauft. Doch nun heißt es von oben: Rückgabe vor Entschädigung. ...

Ein Puzzle deutscher Geschichte

Inhalt:
Warenberg, ein kleiner Ort in der ehemaligen DDR nach der Wende. Viele Einwohner hatten ihr kleines Häuschen gekauft. Doch nun heißt es von oben: Rückgabe vor Entschädigung. Damit erhalten die ursprünglichen Eigentümer das Recht, ihre Immobilien zurückzuverlangen. Im Fall der Bewohner der Salomon-Weinreb-Straße ist das die Erbengemeinschaft Weinreb/Weizmann. Der Jude will Gerechtigkeit. Und die kann man ihm eigentlich nicht verwehren, denn der Jude ist ein Opfer, oder doch nicht?

Meine Meinung:
Kathrin Gerlof pickt sich ein paar Bewohner der Salomon-Weinreb-Straße heraus und lässt sie zu Wort kommen, des Weiteren eine Anwältin aus der Stadt und den längst verstorbenen Salomon Weinreb sowie seinen Bruder Hermann. Sie alle versuchen, mit der Situation klarzukommen und in gewisser Weise die Geschichte ihrer Familien und die Geschichte der Deutschen aufzuarbeiten.

Die derzeitigen Bewohner der Straße wollen doch nichts weiter, als ihr Leben in Ruhe weiterzuleben. Im Nachbarort haben es die Leute besser. Sie müssen ihr Eigentum gegen den Wessi verteidigen, den man getrost als Feind ansehen kann. Aber der Jude ist kein Feind, sondern selbst ein Opfer. Und man will ja auch nicht als antisemitisch angesehen werden. Aber die heutigen Bewohner der Häuser tragen doch gar keine Schuld an der damaligen Geschichte. So stochert jeder in der Vergangenheit nach einem Beweis, dass die Weinrebs „damals“ freiwillig verkauften und daher nun keine Ansprüche mehr haben. Wirklich wohl fühlt sich keiner dabei.

Mit jedem Kapitel lernt man die Charaktere besser kennen. Jeder hat eine eigene Art, mit dem Problem umzugehen. Und jeder hat auch noch ganz andere Probleme - es sind eben ganz normale Menschen. Hier zeigt Kathrin Gerlof viel Einfühlungsvermögen. Sie bringt einem die Figuren nahe, sie wirken sehr plastisch, man hat fast das Gefühl, sie als Nachbarn zu kennen.

Eigentlich ist auch Gerlofs Schreibstil sehr schön und eindringlich. Lediglich das Fehlen von Anführungszeichen bei der seltenen wörtlichen Rede macht das Lesen etwas mühsam, außerdem auch seltsame Satzeinschübe, denen Gedankenstriche besser gestanden hätten.

Das Ende der Geschichte bleibt offen. Es geht ja auch nicht darum, wer recht hat und wer nachgeben muss. Es geht darum, wie man mit dem Dilemma umgeht, wie man mit den Menschen umgeht.