Definitiv keine Liebesgeschichte
Seit über vierzig Jahren sind Marta und Arthur zusammen. Sechzehn Jahre Altersunterschied trennen sie. Als sie sich kennenlernten, war Marta siebzehn und Schülerin, Arthur war Referendar, Deutsch und Geografie ...
Seit über vierzig Jahren sind Marta und Arthur zusammen. Sechzehn Jahre Altersunterschied trennen sie. Als sie sich kennenlernten, war Marta siebzehn und Schülerin, Arthur war Referendar, Deutsch und Geografie für die Oberstufe. Jetzt ist Marta neunundfünfzig Jahre alt und Arthur ist tot. Da liegt er nun im Bett und Marta erinnert sich daran, wo und wie sie sich kennengelernt haben und wie es dazu kam, dass er nun da liegt und sie keine Trauer empfindet. Keine Trauer empfinden kann und auch nicht will.
Bereits auf der Rückseite des Buches steht, dass dies definitiv keine Liebesgeschichte ist. Und das ist es tatsächlich nicht, obwohl es um ein Paar geht, das seit über vierzig Jahren zusammenlebt und einen gemeinsamen Sohn hat. Marta, die bei ihrer alkoholkranken, alleinerziehenden Mutter aufwächst, hat es nicht leicht. Keine Freunde, keine richtigen Familie und was Liebe ist, hat ihr keiner gezeigt. Als sie Arthur kennenlernt, verwechselt sie Aufmerksamkeit und Begehren mit Liebe. Fixiert sich auf Arthur, der warten möchte, bis sie achtzehn geworden ist und sie bis dahin wochenlang einfach nicht mehr beachtet.
„Jeden Morgen klopfte ihr Herz zu schnell, jeden Morgen fuhr Arthur zu schnell vorbei, jeden Morgen verlangsamte er das Tempo nicht, jeden Morgen grüßte er nicht.“ (Seite 69)
Als sie sich wiedersehen, passiert es in einer Umkleidekabine, dass Marta Arthur Erleichterung verschafft. Dennoch ist sie überzeugt davon, dass sie füreinander bestimmt sind und als ihre Mutter sie aus der gemeinsamen Wohnung rausschmeißt, ist es Arthur, zu dem sie hingeht. Hingeht und bleibt, denn ein Nein akzeptiert Marta nicht. Um zu bleiben, ist ihr jedes Mittel recht. So nimmt das Schicksal seinen Lauf.
Was für ein Buch! Ganz ehrlich; ich weiß nicht, wann ich das letzte mal so zwiegespalten war. Immer wieder wechselte ich meine Meinung zu den Hauptpersonen, mal hatte ich Mitleid mit Marta, mal mit Arthur. Ganz oft aber wollte ich einen der beiden schütteln und fragen „was machst du denn da und warum?!“. Tragisch, verstörend, toxisch, das alles kann man aufführen, wenn man die Beziehung der beiden erklären will. Auf keinen Fall liebevoll, freundlich und schon gar nicht harmonisch geht es zwischen den beiden zu. Ein stiller Kampf über Jahrzehnte, den keiner gewinnen kann. Ein Leben, das man niemandem wünscht, über das die Autorin nicht bewertet, nicht urteilt. Nüchtern und mit klaren Worten erzählt und protokolliert sie, was passiert ist. Das hat mir unglaublich gut gefallen und ist mir 5 Sterne wert. Ein Buch, das mich nachhaltig beeindruckt hat.