Überzeugte mich mit einem charmantem Schreibstil und lebendigen Figuren
Handlung: Nachdem ich mit "Vergissmeinnicht" und "Wolkenschloss" von Kerstin Gier zuletzt so viel Spaß hatte, habe ich beschlossen, wieder mehr von der Autorin zu lesen und mich endlich mal ihrer "Silber"-Reihe ...
Handlung: Nachdem ich mit "Vergissmeinnicht" und "Wolkenschloss" von Kerstin Gier zuletzt so viel Spaß hatte, habe ich beschlossen, wieder mehr von der Autorin zu lesen und mich endlich mal ihrer "Silber"-Reihe zu widmen. Der erste Band entpuppte sich als durchaus spannendes Fantasy-Abenteuer mit charmantem Schreibstil und lebendigen Figuren, das für mich aber aufgrund des oberflächlichen Worldbuildings und der recht dünnen Handlung etwas hinter den anderen Büchern der Autorin zurückblieb. Band 2 hat mir nun etwas besser gefallen. Auch hier blieben einige Fragen bezüglich des Worldbuilding weiterhin unbeantwortet, die Handlung verbindet jedoch Abenteuerliches sehr geschickt mit Alltäglichem. Die geheimnisvolle Traumwelt, die Liv im Schlaf durch eine grüne Tür betreten und die Träume anderer besuchen kann, hatte mich ja schon in Band 1 sofort für sich eingenommen. Viele Informationen rund um das Worldbuilding erhalten wir auch hier leider nicht, Liv und ihre Freunde bekommen es aber mit einer Menge an neuen Herausforderungen bezüglich der Traumwelt zu tun. Denn nicht nur tummelt sich plötzlich ein "Senator Tod" auf den Gängen, auch Anabelle meldet sich im Schlaf aus der psychiatrischen Klinik zurück, Arthur hat noch eine Rechnung mit Liv offen und Mia bringt sich schlafwandelnd in Gefahr... Auch abseits der Fantasy-Handlung wird Liv durch Heiratspläne ihrer Mutter, Konfrontationen mit der Spencer-Großmutter und ihren zwei Stiefgeschwistern sowie der Tratschtante Secrecy und Probleme ihrer neuen Beziehung auf Trab gehalten. Langeweile kommt in den 416 Seiten also definitiv wieder nicht auf.
Schreibstil: Dafür sorgt ebenfalls mal wieder Kerstin Giers unverwechselbar lockerleichter, jugendlicher und humorvoller Schreibstil. Egal ob kreative Wortneuschöpfungen, wilde Traumabenteuer, Mr. Wus Lebensweisheiten oder kuriose Buchsbaum-Massaker - ich habe beim Lesen durchgängig vor mich hin geschmunzelt und teilweise schallend gelacht. Klar, ihre Witze sind manchmal ein wenig auf die Spitze getrieben und es werden auch viele Klischees verarbeitet, unterm Strich bleibt jedoch wieder ein sehr positiver Eindruck von ihrem Schreibstil zurück.
Figuren: Unsere Erzählerin Liv Silber ist eine typische Kerstin-Gier-Figur: liebenswert, mutig, schlagfertig und das Herz am rechten Fleck. Ihre erfrischende, jugendliche Perspektive verleiht der Geschichte ganz viel Charisma! In Band 2 hat sie sich in der Traumwelt besser eingefunden und lernt, ihre Fähigkeiten im Träumen auszubauen. Auf das Teeniedrama mit Henry und ihren Minderwertigkeitskomplexen hätte ich zwar gerne verzichten können, insgesamt entwickelt sie sich aber spürbar weiter. Gut gefallen haben mir von den Nebenfiguren weiterhin besonders Livs kleine Schwester Mia und ihr Kindermädchen Lotti. Weniger begeistert war ich allerdings vom Rest der Nebenfiguren, bezüglich deren ich den größten Unterschied zwischen ihren neueren Büchern und dieser Reihe festgestellt habe, da hier deutlich mehr Klischees und ein bisschen weniger politische Korrektheit vorkamen. Wie wir uns als Gesellschaft zwischen 2013 und 2023 weiterentwickelt haben, merkt man daran, dass mir Begriffe wie "Pickel-Sam" oder "Hazel-die-Dampfwalze" negativ aufgefallen sind, die nach dem heutigen Verständnis von Body-Positivity und Mobbing in einem Kinderbuch wirklich nicht sein müssen. Außerdem stellt sich für mich weiterhin wieso hier alle Figuren blond sind? Egal ob Liv, Mia, ihre Mutter, Arthur, "Rasierspaß-Ken" Jasper, Henry oder ihr Stiefbruder Grayson - alle sind ausnahmslos blond. Wenigstens die vier Jungs der Blondinen-Gang grenzen sich hier mehr voneinander ab und bekommen ein bisschen mehr Profil. Besonders gut gefallen hat mir, dass wir hier endlich mehr über Henrys Privatleben erfahren und dass Grayson eine Art große Bruder Rolle für Liv einnimmt. Nun bin ich gespannt auf Band 3!
Das Zitat: "Bocker", flüsterte Mia mir zu. "Wie bitte?" flüsterte ich zurück. "Biest in Ocker ist einfach zu lang. Nennen wir sie Bocker."
Das Urteil:
Auch Band 2 der Silber-Reihe überzeugte mich mit einem charmantem Schreibstil und lebendigen Figuren. Um ein richtiges Highlight zu werden, hätte "Das zweite Buch der Träume" allerdings ebenfalls noch einige Fragen zum Worldbuilding beantworten und die Nebenfiguren von Klischees abgrenzen müssen.