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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.07.2024

Ein erschreckender, brutaler Thriller mit klarer politischer Botschaft!

VIEWS
0

Als großer Fan von Marc-Uwe Kling greife ich mittlerweile ziemlich wahllos zu allem, was er schreibt, in dem Wissen, dass es unbestreitbar scharfsinnig, gesellschaftskritisch, satirisch und lange nachhallen ...

Als großer Fan von Marc-Uwe Kling greife ich mittlerweile ziemlich wahllos zu allem, was er schreibt, in dem Wissen, dass es unbestreitbar scharfsinnig, gesellschaftskritisch, satirisch und lange nachhallen wird. So ist auch sein neuer Polit-Thriller "Views" wenige Tage nach dem Erscheinungstermin bei mir gelandet. Wie brisant, hochaktuell, erschütternd und brutal dieses Buch werden würde und was es mit mir anstellen würde - damit hab ich allerdings doch nicht so ganz gerechnet...

Dabei gibt eigentlich schon das Cover in Kombination mit dem Titel eine Warnung vor sensiblen Inhalten und weist wie dies häufig in sozialen Medien vor Videos zu sehen ist, die gegen Content-Richtlinien verstoßen, auf die heftigen Themen, die Brutalität und teilweise verstörende Inhalte hin. Also selbst schuld, dass ich aus Neugier trotzdem zu dem Buch gegriffen habe und wissen wollte, was sich hinter dem vorsichtshalber abgedunkelten, verschwommenen Cover verbirgt...

Beginnt man zu lesen, könnte man nach wenigen Kapiteln meinen, man liest einen typischen Krimi. Eine alleinerziehende BKA-Ermittlerin in ihren besten Jahren, ein rätselhafter Fall eines verschwundenen Mädchens und eine Truppe aus unterschiedlichen Polizei-Charakteren, die diesem gemeinsam auf den Grund gehen klingen erstmal ziemlich basic. Allerdings geht es nicht um ein beliebiges Verbrechen, sondern um die Vergewaltigung eines weißen Mädchens durch drei Geflüchtete und die Tat wurde gefilmt, verbreitete sich wie ein Lauffeuer im Netz und löst eine Welle der Empörung, des Hasses, der rechten Hetze und Aufrufe zur Selbstjustiz aus. Recht schnell wird somit klar, dass der Fall nichts Geringeres ist als politischer Sprengstoff und das Ermittlungsteam auf einem Pulverfass sitzt, dass schon bald droht, das ganze Land in die Luft zu jagen....

"Seit Jahrzehnten beobachten alle, wie die Gesellschaft immer mehr Risse bekommt, und keiner kittet sie. Da darf man sich nicht wundern, wenn sie schließlich zerbricht."


So ist für Zeitdruck, politische Brisanz und Spannung schonmal gesorgt und der Plot nimmt nach 100 Seiten geradezu fieberhafte Züge an. Dazu passt auch die sehr geradlinige Erzählweise aus der Sicht der Ermittlerin, die sich flüssig, aber sehr sparsam und manchmal geradezu sachlich liest. Viel Zeit für Emotionen, Charakterentwicklung und die Darstellung von Nebenfiguren bliebt da nicht. Von der Erzählerin und Hauptfigur Yasira bekommt man trotz des klaren Fokus´ auf der Handlung dennoch mehr als einen flüchtigen Eindruck. Trotz fehlender Figurenzentrierung ist Yasira ausreichend mit Leben gefüllt, dass man bis zum Ende mit ihr mitfiebert. Nebenfiguren wie ihre Tochter oder ihre Kollegen wirken teilweise etwas stereotyp, aber da der Autor das Krimi-Genre sowieso nicht so ernst zunehmen scheint, lesen sich die Charakterisierung und die Darstellung der Polizei fast schon etwas satirisch. Denn auch wenn es in "Views" inhaltlich nur wenig zum Lachen gibt, scheint der ironische Humor des Autors an einigen Stellen immer mal wieder durch und verschafft gerngesehene Atempausen in diesem temporeichen, harten Buch!

"Ich weiß, es ist furchtbar unangemessen, wenn man in Betracht zieht, in welcher Mission wir gerade unterwegs sind, aber wenn wir nur noch singen, wenn es passt, dann singen wir ja gar nicht mehr."

Denn der grundlegende Verlauf der Geschichte ist so heftig wie unvorhersehbar. Zwar hatte ich in der ersten Hälfte der Geschichte schonmal eine grobe Idee, wohin sich die Geschichte bewegen könnte (aber auch nur, da ich die thematischen Spezialgebiete des Autors mittlerweile recht gut kenne...), die schlussendliche Auflösung hat mich aber total geschockt und kalt getroffen. Denn als dann etwa in der Hälfte der Geschichte noch eine Erkenntnis alles verändert und der Geschichte eine vollkommen neue Richtung gibt, eskaliert die Handlung komplett und man kann nur verblüfft und entsetzt dabei zusehen, wie der Autor den gesellschaftspolitischen Worst-Case bis zum bitteren Ende durchspielt. Da ich über diese wage Beschreibung nicht viel zum Buch sagen kann, ohne vieles vorwegzunehmen, kommt nun eine Spoilerwarnung für den Rest der Rezension.

Weiterlesen nur auf eigene Gefahr!


Mitten in den Ermittlungen, in denen der "aktive Heimatschutz", der Lena rächen möchte, erste unschuldige Opfer fordert, stellt sich Yasira aus Mangel an Hinweisen oder Spuren eine einzige essenzielle Frage: Was, wenn es überhaupt keine Vergewaltigung gab? Keine Täter? Kein Opfer? Kein Grund für die überschwappende Welle des Hasses, die das Land überrollt? Was, wenn das Video ein Fake ist? Ausgespielt, um das politische Klima anzuheizen und die Menschen gegeneinander aufzuhetzen? Was, wenn man aufgrund der aktuellen technischen Entwicklungen Bildern nicht mehr trauen kann? Und wer hätte daran Interesse???

"Haben Sie in all Ihren Businessplänen, Machbarkeitsstudien und Strategiemeetings auch nur einmal darüber nachgedacht, was Sie da eigentlich entfesseln?", fragt Yasira. "Haben Sie sich auch nur einmal nicht nur gefragt: ›Wie?‹, sondern auch ›Sollten wir überhaupt?‹? Haben Sie eine Vorstellung davon, was das mit der Welt macht, wenn man Bildern nicht mehr glauben kann?"


Der Autor schneidet hier also eine Vielzahl aktueller Fragestellungen an und greift nicht nur Themen wie die Gefahr des Hochkochens politischer Konflikte im Internet, die Radikalisierung von einzelnen Gruppen übers Darknet und das politische Klima der letzten Jahre auf, sondern stellt auch heraus, was es für unsere Gesellschaft bedeuten kann, wenn wir durch künstliche Bild und Videogenerierung durch KI und insbesondere Deepfakes Bildmaterial nicht mehr trauen können. Dadurch ist der Roman erschreckend aktuell und sendet eine klare politische Botschaft im Sinne einer Warnung, besser gestern als heute etwas gegen die zunehmende Spaltung des Landes zu unternehmen. Dementsprechend sind viele Szenen sehr heftig, geradezu brutal und machen absichtlich Angst, um wachrütteln zu können. Ob die letzte Eskalationsstufe am Ende in dieser Drastik notwendig gewesen wäre, um seine Botschaft zu vermitteln, wage ich zwar zu bezweifeln, sie hat ihre Wirkung allerdings nicht verfehlt.

"Es ist nicht alles Fake. (…) Echt ist die Empörung. Echt ist die Wut. Echt ist der Hass."


Das Ende der Geschichte ist sowieso eine Sache für sich.... Hier würde ich gerne eine Reklamation an den Verlag aussprechen, denn hier scheinen mindestens fünf Kapitel zu fehlen? Nein, im Ernst, was hat sich der Autor nur dabei gedacht, uns so ein Ende vorzusetzen?!? Klar, die wichtigsten Punkte sind geklärt, die Botschaft rübergebracht, aber ich habe noch SO VIELE FRAGEN!?!?! Was passiert mit Yasira? Kommt sie über das hinweg, was ihr angetan wurde? Kann sie weiterhin bei der Polizei arbeiten? Stimmte ihre Theorie zu Lena? Finden ihre KollegInnen die KI und können sie stoppen? Wie kommunizieren sie die Wendungen im Fall an die Öffentlichkeit? Wie entwickelt sich die politische Lage weiter? Kann die Eskalation im Land gestoppt werden? .... Marc Uwe Kling meinte in einem Interview, er habe sich an einem Epilog versucht, es habe ihn aber alles daran gelangweilt. Mag sein, dass dies das künstlerisch hochwertigere Ende war und es dieses kurze, aber harte Buch perfekt abschließt, aber hat mal einer an meine Nerven gedacht?!?! So sitze ich hier, emotional ausgelaugt und voller Weltschmerz und Zukunftsängste und schreibe diese Rezension. Ziehe ich dafür etwas an der Bewertung ab? Natürlich nicht!!!! Lest unbedingt alle dieses Buch!



Fazit


"Views" ist ein erschreckender, brutaler Thriller mit klarer politischer Botschaft! Lest unbedingt alle dieses Buch!

Veröffentlicht am 10.07.2024

Ein erschreckender, brutaler Thriller mit klarer politischer Botschaft!

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Als großer Fan von Marc-Uwe Kling greife ich mittlerweile ziemlich wahllos zu allem, was er schreibt, in dem Wissen, dass es unbestreitbar scharfsinnig, gesellschaftskritisch, satirisch und lange nachhallen ...

Als großer Fan von Marc-Uwe Kling greife ich mittlerweile ziemlich wahllos zu allem, was er schreibt, in dem Wissen, dass es unbestreitbar scharfsinnig, gesellschaftskritisch, satirisch und lange nachhallen wird. So ist auch sein neuer Polit-Thriller "Views" wenige Tage nach dem Erscheinungstermin bei mir gelandet. Wie brisant, hochaktuell, erschütternd und brutal dieses Buch werden würde und was es mit mir anstellen würde - damit hab ich allerdings doch nicht so ganz gerechnet...

Dabei gibt eigentlich schon das Cover in Kombination mit dem Titel eine Warnung vor sensiblen Inhalten und weist wie dies häufig in sozialen Medien vor Videos zu sehen ist, die gegen Content-Richtlinien verstoßen, auf die heftigen Themen, die Brutalität und teilweise verstörende Inhalte hin. Also selbst schuld, dass ich aus Neugier trotzdem zu dem Buch gegriffen habe und wissen wollte, was sich hinter dem vorsichtshalber abgedunkelten, verschwommenen Cover verbirgt...

Beginnt man zu lesen, könnte man nach wenigen Kapiteln meinen, man liest einen typischen Krimi. Eine alleinerziehende BKA-Ermittlerin in ihren besten Jahren, ein rätselhafter Fall eines verschwundenen Mädchens und eine Truppe aus unterschiedlichen Polizei-Charakteren, die diesem gemeinsam auf den Grund gehen klingen erstmal ziemlich basic. Allerdings geht es nicht um ein beliebiges Verbrechen, sondern um die Vergewaltigung eines weißen Mädchens durch drei Geflüchtete und die Tat wurde gefilmt, verbreitete sich wie ein Lauffeuer im Netz und löst eine Welle der Empörung, des Hasses, der rechten Hetze und Aufrufe zur Selbstjustiz aus. Recht schnell wird somit klar, dass der Fall nichts Geringeres ist als politischer Sprengstoff und das Ermittlungsteam auf einem Pulverfass sitzt, dass schon bald droht, das ganze Land in die Luft zu jagen....

"Seit Jahrzehnten beobachten alle, wie die Gesellschaft immer mehr Risse bekommt, und keiner kittet sie. Da darf man sich nicht wundern, wenn sie schließlich zerbricht."


So ist für Zeitdruck, politische Brisanz und Spannung schonmal gesorgt und der Plot nimmt nach 100 Seiten geradezu fieberhafte Züge an. Dazu passt auch die sehr geradlinige Erzählweise aus der Sicht der Ermittlerin, die sich flüssig, aber sehr sparsam und manchmal geradezu sachlich liest. Viel Zeit für Emotionen, Charakterentwicklung und die Darstellung von Nebenfiguren bliebt da nicht. Von der Erzählerin und Hauptfigur Yasira bekommt man trotz des klaren Fokus´ auf der Handlung dennoch mehr als einen flüchtigen Eindruck. Trotz fehlender Figurenzentrierung ist Yasira ausreichend mit Leben gefüllt, dass man bis zum Ende mit ihr mitfiebert. Nebenfiguren wie ihre Tochter oder ihre Kollegen wirken teilweise etwas stereotyp, aber da der Autor das Krimi-Genre sowieso nicht so ernst zunehmen scheint, lesen sich die Charakterisierung und die Darstellung der Polizei fast schon etwas satirisch. Denn auch wenn es in "Views" inhaltlich nur wenig zum Lachen gibt, scheint der ironische Humor des Autors an einigen Stellen immer mal wieder durch und verschafft gerngesehene Atempausen in diesem temporeichen, harten Buch!

"Ich weiß, es ist furchtbar unangemessen, wenn man in Betracht zieht, in welcher Mission wir gerade unterwegs sind, aber wenn wir nur noch singen, wenn es passt, dann singen wir ja gar nicht mehr."

Denn der grundlegende Verlauf der Geschichte ist so heftig wie unvorhersehbar. Zwar hatte ich in der ersten Hälfte der Geschichte schonmal eine grobe Idee, wohin sich die Geschichte bewegen könnte (aber auch nur, da ich die thematischen Spezialgebiete des Autors mittlerweile recht gut kenne...), die schlussendliche Auflösung hat mich aber total geschockt und kalt getroffen. Denn als dann etwa in der Hälfte der Geschichte noch eine Erkenntnis alles verändert und der Geschichte eine vollkommen neue Richtung gibt, eskaliert die Handlung komplett und man kann nur verblüfft und entsetzt dabei zusehen, wie der Autor den gesellschaftspolitischen Worst-Case bis zum bitteren Ende durchspielt. Da ich über diese wage Beschreibung nicht viel zum Buch sagen kann, ohne vieles vorwegzunehmen, kommt nun eine Spoilerwarnung für den Rest der Rezension.

Weiterlesen nur auf eigene Gefahr!


Mitten in den Ermittlungen, in denen der "aktive Heimatschutz", der Lena rächen möchte, erste unschuldige Opfer fordert, stellt sich Yasira aus Mangel an Hinweisen oder Spuren eine einzige essenzielle Frage: Was, wenn es überhaupt keine Vergewaltigung gab? Keine Täter? Kein Opfer? Kein Grund für die überschwappende Welle des Hasses, die das Land überrollt? Was, wenn das Video ein Fake ist? Ausgespielt, um das politische Klima anzuheizen und die Menschen gegeneinander aufzuhetzen? Was, wenn man aufgrund der aktuellen technischen Entwicklungen Bildern nicht mehr trauen kann? Und wer hätte daran Interesse???

"Haben Sie in all Ihren Businessplänen, Machbarkeitsstudien und Strategiemeetings auch nur einmal darüber nachgedacht, was Sie da eigentlich entfesseln?", fragt Yasira. "Haben Sie sich auch nur einmal nicht nur gefragt: ›Wie?‹, sondern auch ›Sollten wir überhaupt?‹? Haben Sie eine Vorstellung davon, was das mit der Welt macht, wenn man Bildern nicht mehr glauben kann?"


Der Autor schneidet hier also eine Vielzahl aktueller Fragestellungen an und greift nicht nur Themen wie die Gefahr des Hochkochens politischer Konflikte im Internet, die Radikalisierung von einzelnen Gruppen übers Darknet und das politische Klima der letzten Jahre auf, sondern stellt auch heraus, was es für unsere Gesellschaft bedeuten kann, wenn wir durch künstliche Bild und Videogenerierung durch KI und insbesondere Deepfakes Bildmaterial nicht mehr trauen können. Dadurch ist der Roman erschreckend aktuell und sendet eine klare politische Botschaft im Sinne einer Warnung, besser gestern als heute etwas gegen die zunehmende Spaltung des Landes zu unternehmen. Dementsprechend sind viele Szenen sehr heftig, geradezu brutal und machen absichtlich Angst, um wachrütteln zu können. Ob die letzte Eskalationsstufe am Ende in dieser Drastik notwendig gewesen wäre, um seine Botschaft zu vermitteln, wage ich zwar zu bezweifeln, sie hat ihre Wirkung allerdings nicht verfehlt.

"Es ist nicht alles Fake. (…) Echt ist die Empörung. Echt ist die Wut. Echt ist der Hass."


Das Ende der Geschichte ist sowieso eine Sache für sich.... Hier würde ich gerne eine Reklamation an den Verlag aussprechen, denn hier scheinen mindestens fünf Kapitel zu fehlen? Nein, im Ernst, was hat sich der Autor nur dabei gedacht, uns so ein Ende vorzusetzen?!? Klar, die wichtigsten Punkte sind geklärt, die Botschaft rübergebracht, aber ich habe noch SO VIELE FRAGEN!?!?! Was passiert mit Yasira? Kommt sie über das hinweg, was ihr angetan wurde? Kann sie weiterhin bei der Polizei arbeiten? Stimmte ihre Theorie zu Lena? Finden ihre KollegInnen die KI und können sie stoppen? Wie kommunizieren sie die Wendungen im Fall an die Öffentlichkeit? Wie entwickelt sich die politische Lage weiter? Kann die Eskalation im Land gestoppt werden? .... Marc Uwe Kling meinte in einem Interview, er habe sich an einem Epilog versucht, es habe ihn aber alles daran gelangweilt. Mag sein, dass dies das künstlerisch hochwertigere Ende war und es dieses kurze, aber harte Buch perfekt abschließt, aber hat mal einer an meine Nerven gedacht?!?! So sitze ich hier, emotional ausgelaugt und voller Weltschmerz und Zukunftsängste und schreibe diese Rezension. Ziehe ich dafür etwas an der Bewertung ab? Natürlich nicht!!!! Lest unbedingt alle dieses Buch!



Fazit


"Views" ist ein erschreckender, brutaler Thriller mit klarer politischer Botschaft! Lest unbedingt alle dieses Buch!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.07.2024

Ein erschreckender, brutaler Thriller mit klarer politischer Botschaft!

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Als großer Fan von Marc-Uwe Kling greife ich mittlerweile ziemlich wahllos zu allem, was er schreibt, in dem Wissen, dass es unbestreitbar scharfsinnig, gesellschaftskritisch, satirisch und lange nachhallen ...

Als großer Fan von Marc-Uwe Kling greife ich mittlerweile ziemlich wahllos zu allem, was er schreibt, in dem Wissen, dass es unbestreitbar scharfsinnig, gesellschaftskritisch, satirisch und lange nachhallen wird. So ist auch sein neuer Polit-Thriller "Views" wenige Tage nach dem Erscheinungstermin bei mir gelandet. Wie brisant, hochaktuell, erschütternd und brutal dieses Buch werden würde und was es mit mir anstellen würde - damit hab ich allerdings doch nicht so ganz gerechnet...

Dabei gibt eigentlich schon das Cover in Kombination mit dem Titel eine Warnung vor sensiblen Inhalten und weist wie dies häufig in sozialen Medien vor Videos zu sehen ist, die gegen Content-Richtlinien verstoßen, auf die heftigen Themen, die Brutalität und teilweise verstörende Inhalte hin. Also selbst schuld, dass ich aus Neugier trotzdem zu dem Buch gegriffen habe und wissen wollte, was sich hinter dem vorsichtshalber abgedunkelten, verschwommenen Cover verbirgt...

Beginnt man zu lesen, könnte man nach wenigen Kapiteln meinen, man liest einen typischen Krimi. Eine alleinerziehende BKA-Ermittlerin in ihren besten Jahren, ein rätselhafter Fall eines verschwundenen Mädchens und eine Truppe aus unterschiedlichen Polizei-Charakteren, die diesem gemeinsam auf den Grund gehen klingen erstmal ziemlich basic. Allerdings geht es nicht um ein beliebiges Verbrechen, sondern um die Vergewaltigung eines weißen Mädchens durch drei Geflüchtete und die Tat wurde gefilmt, verbreitete sich wie ein Lauffeuer im Netz und löst eine Welle der Empörung, des Hasses, der rechten Hetze und Aufrufe zur Selbstjustiz aus. Recht schnell wird somit klar, dass der Fall nichts Geringeres ist als politischer Sprengstoff und das Ermittlungsteam auf einem Pulverfass sitzt, dass schon bald droht, das ganze Land in die Luft zu jagen....

"Seit Jahrzehnten beobachten alle, wie die Gesellschaft immer mehr Risse bekommt, und keiner kittet sie. Da darf man sich nicht wundern, wenn sie schließlich zerbricht."


So ist für Zeitdruck, politische Brisanz und Spannung schonmal gesorgt und der Plot nimmt nach 100 Seiten geradezu fieberhafte Züge an. Dazu passt auch die sehr geradlinige Erzählweise aus der Sicht der Ermittlerin, die sich flüssig, aber sehr sparsam und manchmal geradezu sachlich liest. Viel Zeit für Emotionen, Charakterentwicklung und die Darstellung von Nebenfiguren bliebt da nicht. Von der Erzählerin und Hauptfigur Yasira bekommt man trotz des klaren Fokus´ auf der Handlung dennoch mehr als einen flüchtigen Eindruck. Trotz fehlender Figurenzentrierung ist Yasira ausreichend mit Leben gefüllt, dass man bis zum Ende mit ihr mitfiebert. Nebenfiguren wie ihre Tochter oder ihre Kollegen wirken teilweise etwas stereotyp, aber da der Autor das Krimi-Genre sowieso nicht so ernst zunehmen scheint, lesen sich die Charakterisierung und die Darstellung der Polizei fast schon etwas satirisch. Denn auch wenn es in "Views" inhaltlich nur wenig zum Lachen gibt, scheint der ironische Humor des Autors an einigen Stellen immer mal wieder durch und verschafft gerngesehene Atempausen in diesem temporeichen, harten Buch!

"Ich weiß, es ist furchtbar unangemessen, wenn man in Betracht zieht, in welcher Mission wir gerade unterwegs sind, aber wenn wir nur noch singen, wenn es passt, dann singen wir ja gar nicht mehr."

Denn der grundlegende Verlauf der Geschichte ist so heftig wie unvorhersehbar. Zwar hatte ich in der ersten Hälfte der Geschichte schonmal eine grobe Idee, wohin sich die Geschichte bewegen könnte (aber auch nur, da ich die thematischen Spezialgebiete des Autors mittlerweile recht gut kenne...), die schlussendliche Auflösung hat mich aber total geschockt und kalt getroffen. Denn als dann etwa in der Hälfte der Geschichte noch eine Erkenntnis alles verändert und der Geschichte eine vollkommen neue Richtung gibt, eskaliert die Handlung komplett und man kann nur verblüfft und entsetzt dabei zusehen, wie der Autor den gesellschaftspolitischen Worst-Case bis zum bitteren Ende durchspielt. Da ich über diese wage Beschreibung nicht viel zum Buch sagen kann, ohne vieles vorwegzunehmen, kommt nun eine Spoilerwarnung für den Rest der Rezension.

Weiterlesen nur auf eigene Gefahr!


Mitten in den Ermittlungen, in denen der "aktive Heimatschutz", der Lena rächen möchte, erste unschuldige Opfer fordert, stellt sich Yasira aus Mangel an Hinweisen oder Spuren eine einzige essenzielle Frage: Was, wenn es überhaupt keine Vergewaltigung gab? Keine Täter? Kein Opfer? Kein Grund für die überschwappende Welle des Hasses, die das Land überrollt? Was, wenn das Video ein Fake ist? Ausgespielt, um das politische Klima anzuheizen und die Menschen gegeneinander aufzuhetzen? Was, wenn man aufgrund der aktuellen technischen Entwicklungen Bildern nicht mehr trauen kann? Und wer hätte daran Interesse???

"Haben Sie in all Ihren Businessplänen, Machbarkeitsstudien und Strategiemeetings auch nur einmal darüber nachgedacht, was Sie da eigentlich entfesseln?", fragt Yasira. "Haben Sie sich auch nur einmal nicht nur gefragt: ›Wie?‹, sondern auch ›Sollten wir überhaupt?‹? Haben Sie eine Vorstellung davon, was das mit der Welt macht, wenn man Bildern nicht mehr glauben kann?"


Der Autor schneidet hier also eine Vielzahl aktueller Fragestellungen an und greift nicht nur Themen wie die Gefahr des Hochkochens politischer Konflikte im Internet, die Radikalisierung von einzelnen Gruppen übers Darknet und das politische Klima der letzten Jahre auf, sondern stellt auch heraus, was es für unsere Gesellschaft bedeuten kann, wenn wir durch künstliche Bild und Videogenerierung durch KI und insbesondere Deepfakes Bildmaterial nicht mehr trauen können. Dadurch ist der Roman erschreckend aktuell und sendet eine klare politische Botschaft im Sinne einer Warnung, besser gestern als heute etwas gegen die zunehmende Spaltung des Landes zu unternehmen. Dementsprechend sind viele Szenen sehr heftig, geradezu brutal und machen absichtlich Angst, um wachrütteln zu können. Ob die letzte Eskalationsstufe am Ende in dieser Drastik notwendig gewesen wäre, um seine Botschaft zu vermitteln, wage ich zwar zu bezweifeln, sie hat ihre Wirkung allerdings nicht verfehlt.

"Es ist nicht alles Fake. (…) Echt ist die Empörung. Echt ist die Wut. Echt ist der Hass."


Das Ende der Geschichte ist sowieso eine Sache für sich.... Hier würde ich gerne eine Reklamation an den Verlag aussprechen, denn hier scheinen mindestens fünf Kapitel zu fehlen? Nein, im Ernst, was hat sich der Autor nur dabei gedacht, uns so ein Ende vorzusetzen?!? Klar, die wichtigsten Punkte sind geklärt, die Botschaft rübergebracht, aber ich habe noch SO VIELE FRAGEN!?!?! Was passiert mit Yasira? Kommt sie über das hinweg, was ihr angetan wurde? Kann sie weiterhin bei der Polizei arbeiten? Stimmte ihre Theorie zu Lena? Finden ihre KollegInnen die KI und können sie stoppen? Wie kommunizieren sie die Wendungen im Fall an die Öffentlichkeit? Wie entwickelt sich die politische Lage weiter? Kann die Eskalation im Land gestoppt werden? .... Marc Uwe Kling meinte in einem Interview, er habe sich an einem Epilog versucht, es habe ihn aber alles daran gelangweilt. Mag sein, dass dies das künstlerisch hochwertigere Ende war und es dieses kurze, aber harte Buch perfekt abschließt, aber hat mal einer an meine Nerven gedacht?!?! So sitze ich hier, emotional ausgelaugt und voller Weltschmerz und Zukunftsängste und schreibe diese Rezension. Ziehe ich dafür etwas an der Bewertung ab? Natürlich nicht!!!! Lest unbedingt alle dieses Buch!



Fazit


"Views" ist ein erschreckender, brutaler Thriller mit klarer politischer Botschaft! Lest unbedingt alle dieses Buch!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.07.2024

Ebenso hochspannend, undurchsichtig und dynamisch wie Band 1

Pretty Savage - Süßer als Verrat
0

Von Tami Fischer habe ich bisher ihre fünfbändige Fletcher-University-Reihe gelesen, die mich sehr überzeugt hat. Als ich Anfang des Jahres gehört habe, dass die Autorin von der gemütlichen Kleinstadt-Romance ...

Von Tami Fischer habe ich bisher ihre fünfbändige Fletcher-University-Reihe gelesen, die mich sehr überzeugt hat. Als ich Anfang des Jahres gehört habe, dass die Autorin von der gemütlichen Kleinstadt-Romance hin zu einer Romantic Suspense Reihe vor glamourösem Großstadtsetting wechseln würde, war ich deshalb sofort an Bord und habe Band 1, "Pretty Scandalous", neugierig vorbestellt. Nachdem die Geschichte neben dem dynamischen New York Setting, starken Gossip-Girl-Vibes, undurchsichtiger Handlung auch noch mitreißende Figuren und einen bösen Cliffhanger geliefert hat, war meine Liebe für die Manhatten-Elite-Reihe besiegelt. Umso mehr gefreut hat es mich, dass ich nach fiesen drei Monaten Wartezeit endlich lesen konnte, wie es mit Sarah, Payton und Co weitergeht...

Auch wenn ich kein Fan von Gesichtern auf Cover bin, mag ich die Gestaltung der Manhattan-Elite-Reihe sehr gerne. Während auf Band 1 die Hauptfigur Sarah abgebildet war, sehen wir auf Band 2 Cameron, die zuvor eher als Antagonistin aufgetreten wird, die wir hier aber genauer kennenlernen. Mit dem rosafarbenen Haarband, den perfekt gemachten Nägeln, dem blonden Bob, der großen Sonnenbrille und dem Lolli sieht auch dieses Cover wieder aus wie direkt aus dem Gossip-Girl-Trailer ausgeschnitten. Zusammen mit den anderen Cover der Reihe, auf denen Sarah und Payton zu sehen sind, schreit die Gestaltung der Reihe gerade zu nach Glamour, Intrigen und Verrat... Toll finde ich übrigens auch den passend gestalteten Farbschnitt, die knackigen Kapitelüberschriften und die Eindrücke von New York in der Innenlasche der broschierten Auflage. Daumen nach oben für die Gestaltung also!

Erster Satz: "Es war einmal ein seltsames Mädchen, das vor den altehrwürdigen Toren einer Eliteuniversität stand und in Tränen ausbrach."

Die Geschichte knüpft ohne große Umschweife an den Cliffhanger von Band 1 an. Sarahs Herz ist in tausend Stücke zerbrochen, nachdem sie Monroe und Cameron zusammen erwischt hat. Da sie auch nicht sicher ist, ob ihre Zwillingsschwester Payton sie ebenfalls verraten hat, würde sie eigentlich am liebsten New York den Rücken kehren und nach Hause fliegen. Allerdings braucht ihre Freundin Celia ihre Hilfe, die nach einer Intrige von Rosie ein Gerichtsverfahren am Hals hat und auch mit ihrem Nachbar Holden verbindet sie mehr, als sie sich eingestehen will. So gibt sie der Stadt eine letzte Chance und erklärt der High-Society-Clique ein weiteres Mal den Krieg, wobei unerwartete Informationen ans Licht kommen...

Die Autorin schreibt in ihrem Nachwort, dass sie Band 1 als "Buch der Fragen", Band 2 als "Buch der Antworten" und Band 3 als "Buch der Eskalation" geplant hat. Das spiegelt meinen bisherigen Leseeindruck ganz wunderbar wider. Während mir in Band 1 fast zu wenig Licht ins Dunkle gebracht wurde und ich beim Lesen am liebsten alle Geheimnisse auf einmal gelüftet und die etlichen Fragezeichen verschwinden gelassen hätte, werden hier im Laufe der 500 Seiten viele der großen Fragen beantwortet. Was ist Peters Agenda? Was ist mit ihm und Payton an Donovans Geburtstag tatsächlich passiert? Wer ist Paytons geheimer Geldgeber? Wer ist in Sarahs Penthouse eingebrochen und hat sie bedroht? Wieso ist Payton aus der Entzugsklinik verschwunden? Was ist zwischen Monroe und Cameron genau passiert? Und wie passt Sarah in das Ganze...? So viel Spaß das Rätselraten in Band 1 gemacht hat, so befriedigend ist nun zu lesen, wie langsam alles an seinen Platz rückt. Auch wenn ich mit einigen Theorien im Ansatz richtig lag, ist die Grundrichtung, in die sich die Geschichte bewegt, für mich dabei zu keinem Zeitpunkt vorhersehbar oder auch unrealistisch gewesen. Hut ab also an die Autorin für den Plot!

Zur tatsächlichen Handlung des Buches kann ich auch hier wieder nichts sagen, um bloß nichts vorwegzunehmen, die Mischung aus Verrat, Skandalen, Luxus, Geheimnissen, Romantik und Intrigen, ist aber wieder absolut süchtig machend. Toll ist neben der spannenden und wendungsreichen Handlung auch das lebendige Setting in Manhattan. Ich mag New York als Schauplatz für Bücher sowieso sehr gerne, wie Tami Fischer die New Yorker Upper Class und das elitäre Studentenleben an der Columbia zum Leben erweckt, ist aber einfach großartig! Exklusive Ballnächte, teure Mittagessen in Clubs, gläserne Wolkenkratzer, schicke Penthouses, unbezahlbare Luxusmarken und böse Intrigen - die "Gossip Girl"/ "Sex and the City" / "Pretty Little Liars Vibes" sind REAL und sorgen zusätzlich dafür, dass man das man das Buch genau wie sein Vorgänger kaum aus der Hand legen möchte.

Neben der Richtung der Handlung war ich auch sehr gespannt auf die weitere Entwicklung der handelnden Figuren. Im Vordergrund steht immer noch die Ich-Erzählerin Sarah Quinn, bei der wir bereits Effekte der Zeit in New York beobachten können. Sie ist nicht mehr die unbeschwerte, bodenständige junge Frau, die wir zu Beginn von Band 1 kennengelernt haben, sondern musste versuchen, sich an das New Yorker Schlangennest, das Luxusleben und den ständigen emotionalen Druck anzupassen. Trotz dass sie mittlerweile ein deutlich besseres Unterstützungsnetz aufbauen konnte, hinterlässt das natürlich die ersten Spuren bei ihr. An dieser Stelle der Hinweis: Lest bitte die Triggerwarnung, denn einige Themen sind nicht ganz ohne. Spätestens als einige Enthüllungen ihre Identität in Frage stellen, beginnt man zu überlegen, ob das Ganze nicht doch eine Nummer zu groß für sie ist und was sie noch opfern muss, um das Spiel zu gewinnen...

Neben Sarah darf allerdings in diesem Band auch ihre Schwester Payton ab und zu aus ihrer Perspektive erzählen, wodurch wir sowohl Einblicke in ihre Vergangenheit mit der Clique als auch in ihre aktuelle Situation nach dem Drogenentzug erhalten und erstmals ihre Sicht auf die Dinge sehen. Durch Paytons Perspektive lernen wir auch Cameron ganz neu kennen und müssen unser Bild von ihr überdenken... Auch wenn das Abwechslung und neue Informationen in die Geschichte bringt, bin ich mir noch nicht ganz sicher, was ich von der dualen Erzählweise halten soll, da die beiden Perspektiven der Schwestern für mich ein wenig verschwommen sind und mir ab dem Zeitpunkt, ab dem sich beide in New York befinden, nicht wirklich klar war, warum sie nicht zusammenarbeiten. Die geschwisterlichen Konflikte sind bisher noch ein wenig nebulös, ich denke aber, dass die Autorin diese in Band 3 noch weiter ausrollen wird.

Auch was ich von der neuen Liebesgeschichte halten soll, weiß ich noch nicht so ganz. Nachdem Monroe jetzt offiziell als Love Interest vom Tisch ist (ich hatte befürchtet, dass die Autorin einen Redemption Arc für ihn schreibt, aber das war zumindest hier zum Glück noch nicht der Fall), hat in diesem Band Sarahs Nachbar Holden die Möglichkeit, Leserherzen zu gewinnen. Nach dem Debakel von Band 1 habe ich beschlossen, einfach NIEMANDEM mehr zu vertrauen (naja vielleicht bis auf Sarahs bester Freundin Laurel und ihrem Hund Nacho), also bin ich dem neuen Love Interest natürlich auch erstmal mit großer Vorsicht begegnet. Spannenderweise hat Tami Fischer es aber auch hier geschafft, mich dazu zu bringen, diese Figur entgegen aller Vorbehalte ins Herz zu schließen. Ob das die richtige Entscheidung war und welche dunklen Geheimnisse er noch verbergen mag... We will see...

Das Ende gipfelt wieder in einem spannenden Showdown, der einen Cliffhanger mitsichbringt, der es ganz schön in sich hat und den Weg für die in Band 3 geplante Eskalation definitiv ebnet. Auch wenn ich nichts anderes erwartet hatte, verfluche ich die Autorin und den Verlag insgeheim wieder, dass ich jetzt noch bis DEZEMBER warten muss, um zu lesen wie es weitergeht! Ich würde also empfehlen diese Reihe unbedingt auch zu lesen, allerdings bei geringer Frustrationstoleranz erst zu starten, wenn alle Fortsetzungen erhältlich sind!


Fazit:


"Pretty Savage" ist ebenso hochspannend, undurchsichtig und dynamisch wie Band 1 und liefert endlich einige dringend benötigte Antworten! Die Figuren werden weiter ausgebaut, die Wendungen puzzeln sich zu einem stimmigen Gesamtbild zusammen und die Zeichen stehen auf volle Eskalation in Band 3 - lieben wir!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.07.2024

Ebenso hochspannend, undurchsichtig und dynamisch wie Band 1

Pretty Savage - Süßer als Verrat
0

Von Tami Fischer habe ich bisher ihre fünfbändige Fletcher-University-Reihe gelesen, die mich sehr überzeugt hat. Als ich Anfang des Jahres gehört habe, dass die Autorin von der gemütlichen Kleinstadt-Romance ...

Von Tami Fischer habe ich bisher ihre fünfbändige Fletcher-University-Reihe gelesen, die mich sehr überzeugt hat. Als ich Anfang des Jahres gehört habe, dass die Autorin von der gemütlichen Kleinstadt-Romance hin zu einer Romantic Suspense Reihe vor glamourösem Großstadtsetting wechseln würde, war ich deshalb sofort an Bord und habe Band 1, "Pretty Scandalous", neugierig vorbestellt. Nachdem die Geschichte neben dem dynamischen New York Setting, starken Gossip-Girl-Vibes, undurchsichtiger Handlung auch noch mitreißende Figuren und einen bösen Cliffhanger geliefert hat, war meine Liebe für die Manhatten-Elite-Reihe besiegelt. Umso mehr gefreut hat es mich, dass ich nach fiesen drei Monaten Wartezeit endlich lesen konnte, wie es mit Sarah, Payton und Co weitergeht...

Auch wenn ich kein Fan von Gesichtern auf Cover bin, mag ich die Gestaltung der Manhattan-Elite-Reihe sehr gerne. Während auf Band 1 die Hauptfigur Sarah abgebildet war, sehen wir auf Band 2 Cameron, die zuvor eher als Antagonistin aufgetreten wird, die wir hier aber genauer kennenlernen. Mit dem rosafarbenen Haarband, den perfekt gemachten Nägeln, dem blonden Bob, der großen Sonnenbrille und dem Lolli sieht auch dieses Cover wieder aus wie direkt aus dem Gossip-Girl-Trailer ausgeschnitten. Zusammen mit den anderen Cover der Reihe, auf denen Sarah und Payton zu sehen sind, schreit die Gestaltung der Reihe gerade zu nach Glamour, Intrigen und Verrat... Toll finde ich übrigens auch den passend gestalteten Farbschnitt, die knackigen Kapitelüberschriften und die Eindrücke von New York in der Innenlasche der broschierten Auflage. Daumen nach oben für die Gestaltung also!

Erster Satz: "Es war einmal ein seltsames Mädchen, das vor den altehrwürdigen Toren einer Eliteuniversität stand und in Tränen ausbrach."

Die Geschichte knüpft ohne große Umschweife an den Cliffhanger von Band 1 an. Sarahs Herz ist in tausend Stücke zerbrochen, nachdem sie Monroe und Cameron zusammen erwischt hat. Da sie auch nicht sicher ist, ob ihre Zwillingsschwester Payton sie ebenfalls verraten hat, würde sie eigentlich am liebsten New York den Rücken kehren und nach Hause fliegen. Allerdings braucht ihre Freundin Celia ihre Hilfe, die nach einer Intrige von Rosie ein Gerichtsverfahren am Hals hat und auch mit ihrem Nachbar Holden verbindet sie mehr, als sie sich eingestehen will. So gibt sie der Stadt eine letzte Chance und erklärt der High-Society-Clique ein weiteres Mal den Krieg, wobei unerwartete Informationen ans Licht kommen...

Die Autorin schreibt in ihrem Nachwort, dass sie Band 1 als "Buch der Fragen", Band 2 als "Buch der Antworten" und Band 3 als "Buch der Eskalation" geplant hat. Das spiegelt meinen bisherigen Leseeindruck ganz wunderbar wider. Während mir in Band 1 fast zu wenig Licht ins Dunkle gebracht wurde und ich beim Lesen am liebsten alle Geheimnisse auf einmal gelüftet und die etlichen Fragezeichen verschwinden gelassen hätte, werden hier im Laufe der 500 Seiten viele der großen Fragen beantwortet. Was ist Peters Agenda? Was ist mit ihm und Payton an Donovans Geburtstag tatsächlich passiert? Wer ist Paytons geheimer Geldgeber? Wer ist in Sarahs Penthouse eingebrochen und hat sie bedroht? Wieso ist Payton aus der Entzugsklinik verschwunden? Was ist zwischen Monroe und Cameron genau passiert? Und wie passt Sarah in das Ganze...? So viel Spaß das Rätselraten in Band 1 gemacht hat, so befriedigend ist nun zu lesen, wie langsam alles an seinen Platz rückt. Auch wenn ich mit einigen Theorien im Ansatz richtig lag, ist die Grundrichtung, in die sich die Geschichte bewegt, für mich dabei zu keinem Zeitpunkt vorhersehbar oder auch unrealistisch gewesen. Hut ab also an die Autorin für den Plot!

Zur tatsächlichen Handlung des Buches kann ich auch hier wieder nichts sagen, um bloß nichts vorwegzunehmen, die Mischung aus Verrat, Skandalen, Luxus, Geheimnissen, Romantik und Intrigen, ist aber wieder absolut süchtig machend. Toll ist neben der spannenden und wendungsreichen Handlung auch das lebendige Setting in Manhattan. Ich mag New York als Schauplatz für Bücher sowieso sehr gerne, wie Tami Fischer die New Yorker Upper Class und das elitäre Studentenleben an der Columbia zum Leben erweckt, ist aber einfach großartig! Exklusive Ballnächte, teure Mittagessen in Clubs, gläserne Wolkenkratzer, schicke Penthouses, unbezahlbare Luxusmarken und böse Intrigen - die "Gossip Girl"/ "Sex and the City" / "Pretty Little Liars Vibes" sind REAL und sorgen zusätzlich dafür, dass man das man das Buch genau wie sein Vorgänger kaum aus der Hand legen möchte.

Neben der Richtung der Handlung war ich auch sehr gespannt auf die weitere Entwicklung der handelnden Figuren. Im Vordergrund steht immer noch die Ich-Erzählerin Sarah Quinn, bei der wir bereits Effekte der Zeit in New York beobachten können. Sie ist nicht mehr die unbeschwerte, bodenständige junge Frau, die wir zu Beginn von Band 1 kennengelernt haben, sondern musste versuchen, sich an das New Yorker Schlangennest, das Luxusleben und den ständigen emotionalen Druck anzupassen. Trotz dass sie mittlerweile ein deutlich besseres Unterstützungsnetz aufbauen konnte, hinterlässt das natürlich die ersten Spuren bei ihr. An dieser Stelle der Hinweis: Lest bitte die Triggerwarnung, denn einige Themen sind nicht ganz ohne. Spätestens als einige Enthüllungen ihre Identität in Frage stellen, beginnt man zu überlegen, ob das Ganze nicht doch eine Nummer zu groß für sie ist und was sie noch opfern muss, um das Spiel zu gewinnen...

Neben Sarah darf allerdings in diesem Band auch ihre Schwester Payton ab und zu aus ihrer Perspektive erzählen, wodurch wir sowohl Einblicke in ihre Vergangenheit mit der Clique als auch in ihre aktuelle Situation nach dem Drogenentzug erhalten und erstmals ihre Sicht auf die Dinge sehen. Durch Paytons Perspektive lernen wir auch Cameron ganz neu kennen und müssen unser Bild von ihr überdenken... Auch wenn das Abwechslung und neue Informationen in die Geschichte bringt, bin ich mir noch nicht ganz sicher, was ich von der dualen Erzählweise halten soll, da die beiden Perspektiven der Schwestern für mich ein wenig verschwommen sind und mir ab dem Zeitpunkt, ab dem sich beide in New York befinden, nicht wirklich klar war, warum sie nicht zusammenarbeiten. Die geschwisterlichen Konflikte sind bisher noch ein wenig nebulös, ich denke aber, dass die Autorin diese in Band 3 noch weiter ausrollen wird.

Auch was ich von der neuen Liebesgeschichte halten soll, weiß ich noch nicht so ganz. Nachdem Monroe jetzt offiziell als Love Interest vom Tisch ist (ich hatte befürchtet, dass die Autorin einen Redemption Arc für ihn schreibt, aber das war zumindest hier zum Glück noch nicht der Fall), hat in diesem Band Sarahs Nachbar Holden die Möglichkeit, Leserherzen zu gewinnen. Nach dem Debakel von Band 1 habe ich beschlossen, einfach NIEMANDEM mehr zu vertrauen (naja vielleicht bis auf Sarahs bester Freundin Laurel und ihrem Hund Nacho), also bin ich dem neuen Love Interest natürlich auch erstmal mit großer Vorsicht begegnet. Spannenderweise hat Tami Fischer es aber auch hier geschafft, mich dazu zu bringen, diese Figur entgegen aller Vorbehalte ins Herz zu schließen. Ob das die richtige Entscheidung war und welche dunklen Geheimnisse er noch verbergen mag... We will see...

Das Ende gipfelt wieder in einem spannenden Showdown, der einen Cliffhanger mitsichbringt, der es ganz schön in sich hat und den Weg für die in Band 3 geplante Eskalation definitiv ebnet. Auch wenn ich nichts anderes erwartet hatte, verfluche ich die Autorin und den Verlag insgeheim wieder, dass ich jetzt noch bis DEZEMBER warten muss, um zu lesen wie es weitergeht! Ich würde also empfehlen diese Reihe unbedingt auch zu lesen, allerdings bei geringer Frustrationstoleranz erst zu starten, wenn alle Fortsetzungen erhältlich sind!


Fazit:


"Pretty Savage" ist ebenso hochspannend, undurchsichtig und dynamisch wie Band 1 und liefert endlich einige dringend benötigte Antworten! Die Figuren werden weiter ausgebaut, die Wendungen puzzeln sich zu einem stimmigen Gesamtbild zusammen und die Zeichen stehen auf volle Eskalation in Band 3 - lieben wir!

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