Berührend und poetisch
Khaled Hosseini berührt mit seinem schmalen, reich bebilderten Buch, Sea Prayer, Gebet am Meer, heißt seine kleine aber wichtige Erzählung im Original, und wie ein Gebet ist sie geradezu meditativ. Sicher ...
Khaled Hosseini berührt mit seinem schmalen, reich bebilderten Buch, Sea Prayer, Gebet am Meer, heißt seine kleine aber wichtige Erzählung im Original, und wie ein Gebet ist sie geradezu meditativ. Sicher auch ein geeignetes Buch, um Kindern das Thema Flucht über das Meer nahe zu bringen.
Gerade mal 45 Seiten, manchmal nur ein paar Zeilen Text als Ergänzung zu den Illustrationen von Dan Williams. Mit "Am Abend vor dem Meer" setzt Khaled Hosseini den Flüchtlingsfamilien ein Denkmal. In ebenso einfacher wie poetischer Frage gibt es Antwort auf die Frage: Warum kommen diese Menschen?
Inspiriert für «Am Abend vor dem Meer» wurde Hosseini vom Schicksal des dreijährigen Alan Kurdis aus Syrien, der vor drei Jahren im Mittelmeer ertrank. Das Bild des toten Kindes am Strand ging damals um die Welt.
Schon die Farben der Bilder zeigen die Zäsur, die der Krieg nach Syrien gebracht hat. Das Davor: Bunt, Grün, farbenfroh, ein üppiges orientalisches Leben. In düsteren Grautönen dann die Bilder vom Krieg, von Luftangriffen, von Menschen unter Trümmern. Und auch das Meer, das den Ausweg bieten soll in eine sichere Zukunft, wirkt bedrohlich, das Blau mit Schwarz gemischt wie eine tödliche Gefahr.
Denn auch heute noch ist der Text, der den Tausenden von Flüchtlingen gewidmet ist, «die auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung im Meer ertrunken sind» und denen Alan Kurdis vor drei Jahren ein Gesicht gegeben hat, von beklemmender Aktualität.
In dem Text wendet sich ein Vaters an seinen kleinen Sohn, beschwört die Erinnerung an die heilere Vergangenheit hervor, in der die syrische Stadt Homs blühte, als die Familie bei Verwandten auf dem Land unter Olivenbäumen ruhen konnte.
Die Welt, die der kleine Marwan kennt, ist nur die des Krieges. Der Abend vor der Überfahrt über das Meer mit den beruhigenden Worten des Vaters gerät zum Höhepunkt von Hoffnung und Verzweiflung: «Denn heute Macht kann ich nur daran denken, wie tief das Meer ist, wie riesig, wie teilnahmslos. Und dass ich dich nicht davor beschützen kann.»
Hört das Meer das Gebet des Vaters? Das «Inshallah» des Vaters ist auch Ausdruck einer Erkenntnis, an einem Punkt zu stehen, wo er nichts mehr ändern kann. Er kann nur hoffen, dass die kostbarste Fracht auf den Wellen, sein Kind, sicher und heil das rettende Ufer auf der anderen Seite des Meeres erreicht.
Die Einnahmen des Autors aus dem Verkauf des Buches, heißt es im Klappentext, gehen an das Flüchtlingshilfswerk UNHCR, zu dessen Sonderbotschaftern der einst aus Afghanistan geflohene Hosseini gehört sowie an Hosseinis eigene Stiftung.