Gut, aber recht trocken
Die Protagonistin in Kim Hye-Jins Roman „Die Tochter“ ist eine Frau, die ihren Arbeitsalltag als Pflegerin in einem Seniorenheim bestreitet und pötzlich aufgrund finanzieller Probleme ihrer erwachsenen ...
Die Protagonistin in Kim Hye-Jins Roman „Die Tochter“ ist eine Frau, die ihren Arbeitsalltag als Pflegerin in einem Seniorenheim bestreitet und pötzlich aufgrund finanzieller Probleme ihrer erwachsenen Tochter mit der Situation konfrontiert wird, diese wieder bei sich einziehen zu lassen. Doch nicht nur die eigene Tochter kehrt in den recht bescheidenen Einpersonenhaushalt ein - was schon herausfordernd genug wäre, da zwischen dreißigjähriger Tochter und Mutter seit Jahren viel Ungesagtes im Raum steht. Hinzu kommt nämlich, dass die Tochter eine homosexuelle Beziehung führt und ihre Partnerin im Schlepptau gleich mitbringt. Konflikte sind vorprogrammiert, die Gesellschaft sowie auch die Mutter sind streng konservativ, denn als überlegene Norm der Familienführung gilt schließlich immer noch das Gespann von Mutter, Vater, Kind - was sich auch die Mutter im Roman für ihre Tochter mehr als alles andere wünscht. Doch bald merkt die Mutter, dass sie ihre Augen nicht weiter vor den konservativen Grenzen der Gesellschaft verschließen kann, und ganz langsam bewegen sich Mutter und Tochter aufeinander zu.
Der Roman vereint dabei wichtige Themen wie Mutterschaft, Sexualität und gesellschaftliche Erwartungen, aber auch Altersfeindlichkeit spielt eine tragende Rolle in der charakterlichen Entwicklung der Mutter. Und das schöne dabei ist: die Gedankengänge der Mutter wirken realistisch und man kann sie nachvollziehen. Sie ist nicht das gewissenlose Biest, sondern die Emotionen sind begründet und die Charakterentwicklung ist dabei wirklich schön mitanzusehen. Beide Frauen wollen ein Leben in Würde, doch stehen an der Schwelle gesellschaftlicher Grenzen, die sich nicht einfach aushebeln lassen.
Dennoch ist der Roman meiner Meinung nach doch leider etwas oberflächlich geraten und zu klischeebesetzt. Er behandelt eben doch einen nur allzu typischen Generationenkonflikt, dessen Handlung sich jedoch nicht nur auf den südkoreanischen Schauplatz im Buch begrenzt, sondern sich global übertragen und lesen lässt. Er greift viele wichtige Themen auf, war mir aber letztlich zu eindimensional und trocken.