Hätte mehr Potential
So weit der Fluss uns trägtVictoria wächst auf einer kleinstädtischen Pfirsichplantage im Colorado der 1940er Jahre auf. Bereits in jungen Jahren verliert sie ihre Mutter bei einen Autounfall, wird folglich zur Frau des Hauses auserkoren ...
Victoria wächst auf einer kleinstädtischen Pfirsichplantage im Colorado der 1940er Jahre auf. Bereits in jungen Jahren verliert sie ihre Mutter bei einen Autounfall, wird folglich zur Frau des Hauses auserkoren und vor allem mit der Aufgabe betreut, den Vater, den kriegsinvaliden Onkel und ihren missmutigen Bruder zu verköstigen. Als sie sich eines warmen Herbsttags Schlag auf Schlag in den Ortsfremden Wil verliebt, setzt dies kurz darauf eine Kette von Ereignissen in Gang, die Victoria zur Flucht aus ihrem Zuhause zwingen. Sie begibt sich in die Tiefe der Berge, wo sie der rauen Natur ausgesetzt ist, um alsbald wieder zurückzukehren und ein anderes Land vorzufinden als jenes, das sie verlassen hat.
Eines vorweg: die Geschichte hat mich zeitweise wirklich berührt. Es handelt sich um eine eindrucksvolle Coming-of-Age-Geschichte, die sich um eine den Widrigkeiten der Zeit trotzende Protagonistin dreht. Leider war aber ein tieferer Einstieg in die Hauptfigur nur partiell möglich, da zwischendurch immer mal wieder ein paar Jahre übersprungen werden, die den Leser ständig aus den Lebenspfaden Victorias hinauskatapultieren. Es fiel mir daher recht schwer, mich auf tiefgreifende Gefühle und Sympathien den Charakteren gegenüber einzulassen. Gut gefallen hat mir die Atmosphäre, auch wenn die etwas zu arg romantisierende Beschreibung der Natur hie und da stark von der eigentlichen Geschichte abgelenkt hat und einige Beschreibungen doch ein bisschen over the top waren. Noch weniger gefallen hingegen hat mir die mitunter leider total unkritische Sichtweise auf Rassismus sowie Gewalt und die Zentrierung auf eine sehr einvernehmende, schicksalhafte Liebe auf den ersten Blick. Alles in allem trägt die leider ziemlich unspannende, zu hastig erzählte Geschichte mehr Potential in sich, als im Endeffekt ausgekostet wurde.